Papageien – eingesperrte Farbenpracht

  • Hallo Heidrun ;
    erst mal vielen Dank für die Zeit und die inhaltlich guten Beiträge . Aber :!: ein paar Fragen hab ich da noch . Stelle diese mal morgen abend ein , da hab ich mehr Zeit . Auf die letzten postings möchte ich mich da gerne beziehen .
    Ansonsten kann man sagen : ein Granatenthema vom obersten Regal --------------ich finds gut :thumbup:


    MFG Jens

  • Hallo Heidrun ;


    Zitat

    Nicht nur gem. Hintnaus (1988 ) kann man "Haustiere nicht als zoologisch definierte Arten betrachten. Sie haben sich nicht durch natürliche Evolution herausgebildet und können daher nicht mit den stammesgeschichtlich entstandenen Arten auf eine Ebene gestellt werden. Heute geht man dabei von einer wildlebenden Stammform aus, die in einer Reihe von Fällen bekannt ist" (Beispiel: Wolf - Hund). Typische "Haustiere" (wie z. B. Hund, Katze) sind keine integralen Bestandteile der "freien Natur". Dort, wo sie absichtlich oder unbeabsichtigt in ökologische Freilandgefüge "entlassen" wurden/werden, waren/sind sie entweder ohne menschliches Zutun nicht überlebensfähig, oder aber sie richten erhebliche Schäden an der originären Flora und/oder Fauna an. Papageien sind in ihren jeweiligen Vorkommensgebieten (sofern man ihre Überlebensmöglichkeiten nicht beschneidet) stammesgeschichtlich "entstandene Arten" und als solche integrale Bestandteile der "freien Natur". Sie sollten es möglichst auch bleiben (dürfen). Die "Heimtiernutzung" exotischer Wildtiere mit hohen (teilweise sogar immer noch unbekannten) Anforderungen an die Haltung abzulehnen, ist faktisch und ethisch begründbar und entspricht keineswegs einer als "radikal" angeprangerten, sondern einer objektiv der Nachvollziehbarkeit zugänglichen (zumindest moralanalogen) Sichtweise


    Betrachtet man die Entwicklungsphase des Menschen, so sind Haustiere erst eine Errungenschaft jüngeren Datums. Als das älteste bekannte domestizierte Tier gilt der Hund, dessen Domestikation sehr wahrscheinlich vor ca. 10.000 Jahren begann [Hemmer, 1983; Clutton-Brock, 1987; Herre und Röhrs, 1990]. Schaf und Ziege gelten als älteste domestizierte Nutztiere. Da aus den ersten Anfängen der Haustierwerdung keine schriftlichen Überlieferungen vorliegen, weiß man über die genauen Daten und Hintergründe der ersten Haustiere nur unzureichend Bescheid.
    Zu diesem Zeitpunkt traten offenbar tief greifende Veränderungen in der Lebensweise vieler Bevölkerungsgruppen ein. Der Mensch begann sein Nomadentum aufzugeben, sesshaft zu werden, feste Wohnstätten zu bauen und Ackerbau zu betreiben [Diamond, 2002]. Dies stellten wichtige Grundbedingungen für den Beginn der Domestikation wildlebender Tiere dar. Der Mensch begann, verschiedene Tiere im Umfeld seiner Behausung zu ständiger Nutzung zu halten und zu züchten. Vergleichend zu der vorherrschenden Artenfülle wurden nur recht wenige Arten zu Stammarten von Haustieren. Bei den Säugetieren wurden nur ca. 25-30 Arten zu Haustieren, bei den Vögeln sind es ca. 10-15 Arten [Nachtsheim und Stengel, 1977]. Mit der Tierhaltung machte sich der Mensch weitgehend von zufälligen Jagdbeuten unabhängig.
    Dabei waren der Nutzen bzw. die Funktionen dieser Tiere mannigfaltig. Haustiere erfüllten und erfüllen auch heute noch die menschlichen Grundbedürfnisse nach Nahrung, Kleidung und Wärme, liefern Rohstoffe für andere Produkte vielfältiger Art, helfen durch Arbeitsleistung, sind mittlerweile in der Forschung weit verbreitet und nehmen einen wichtigen Platz im gesellschaftlichen Leben des Menschen ein [Boice, 1973].
    Betrachtet man die zu Haustieren gewordenen Wildtiere, so fällt auf, dass die Stammarten bis auf wenige Ausnahmen wie z. B. die Katze, zumeist ein ausgeprägtes Sozialverhalten zeigen. Dies erleichterte den Anschluss an den Menschen und damit die Zähmung und spätere Hirnveränderungen bei domestizierten Landenten porphometrische und ethologische Untersuchungen Züchtung dieser Tiere. Auch die Eigenschaften, sich in Gefangenschaft und zusätzlich u. U. bei Gemeinschaftshaltung leicht zur Fortpflanzung bringen zu lassen und sich als Jungtier leicht an Menschen gewöhnen zu lassen sind gute Voraussetzungen für eine Domestikation [Hale, 1969]. Auch Frank [1980] hält die Tendenz zur Lenkbarkeit durch den Menschen für unabdingbar in der Domestikation.
    Bei der Domestikation greift der Mensch bewusst und gezielt durch fortwährende künstliche Zuchtwahl bzw. züchterische Auslese in die natürliche Selektion bei seinen Tieren ein und schafft so eine Reihe von Veränderungen und Abwandlungen. Dadurch entsteht eine bunte Vielfalt an Erscheinungsbildern und auch genetischer Variabilität, die die der Wildtiere weit überschreitet und Grundlage für die Entstehung zahlreicher Rassen ist. Dabei muss zwischen umweltbedingten Modifikationen und genetisch fixierten Modifikationen unterschieden werden (nature-nurture Problem > die Frage, ob etwas geerbt oder postnatal erworben/erlernt wurde). Erstere lassen sich auch schon bei der ersten Generation von Nachkommen von Wildfängen nachweisen, letztere finden sich nur bei domestizierten Tieren [Sossinka, 1982]. So kennzeichnen Herre und Röhrs [1990] Haustiere „als Teile von Wildarten, bei denen unter den veränderten Umweltbedingungen eines Haustandes im Laufe von Generationen ein unerwarteter Reichtum an erblich gesteuerter Entwicklungsmöglichkeiten zur Entfaltung kommt, den Menschen in Bahnen lenken, die ihnen zunehmend vielseitigen Nutzen bringen oder besondere Freude bereiten.“
    Somit kann Domestikation als ein evolutionärer Prozess gesehen werden, in dem auch Erfahrungen und die Stimulation durch die Umwelt eine Rolle spielen [Price, 1999]. Betrachtet man den Menschen und somit die Auslese durch den Menschen als ein Glied der Natur und das menschliche Umfeld als eine neue spezielle ökologische Nische, so kann die Domestikation als ein Spezialfall der Evolution angesehen werden [Hemmer, 1983]. Und das Haustier erweist sich hier in der Adaption an eine veränderte Umwelt als erfolgreich, wenn man sich die Individuenzahl und die Anzahl besiedelter Habitate veranschaulicht.


    Quelle : Julia Cnotka


    Frage : wird ein Wildtier nicht durch Menschen verändert ? Oder reden wir über Wildtierarten ! In wie fern ist das Wildtier vom Menschen beinflußbar in der / seiner Evolution ? -----------Hierzu ein einfaches Beispiel : Spatz , Meise ---------------alle die wir kennen :)


    Frage : wären die Papageien selbst in der Lage eine vitale Population aufzubauen ( siehe Halsbandsittiche ------------die sind beinflußbar ----------einfaches Bsp . über Futter ) Differenzieren kann man hierbei ( Autochthonen / allochthonen Populationen / Neozooen )


    Frage ; wie spiegelt sich die Verhaltensontogenie unter Gefangenschaftsbedingungen ab . Ist es nicht so das eine verringerte angeborene Fluchtbereitschaft ensteht ? Futtersuche sich anders gestalltet ? ( siehe ontogenie ) weniger Streßanfällig ( wenn mans so nennen kann ) unter Gefangenschaftsbedingungen ( bei entsprechender Haltung ) ............... sind dies nicht sichtbare oder unsichtbare Dinge die Zwangsläufig in Gefangenschaft " weitergegeben werden " ( wenn auch nur arm )all das und noch viel mehr sind "unsichtbare" Dinge, auf die die meisten Züchter völlig unwissentlich aber teils sehr genau selektieren. Eine Allelverarmung v.s. Population ( Gendrift ) ist teils auch mit bei .



    Danke fürs lesen :) MFG Jens

  • Hallo Jens,


    Du schreibst am Ende Deines Postings: "Quelle: Julia Cnotka". Frage: Aus welcher konkreten Publikation von J. Cnotka, die vorwiegend zur Domestikation und/oder Domestikationserscheinungen bei Landenten arbeitet - und ihre Kernaussagen auf selbige bezieht - wird zitiert?


    Du zitierst:


    Dabei muss zwischen umweltbedingten Modifikationen und genetisch fixierten Modifikationen unterschieden werden (nature-nurture Problem > die Frage, ob etwas geerbt oder postnatal erworben/erlernt wurde). Erstere lassen sich auch schon bei der ersten Generation von Nachkommen von Wildfängen nachweisen, letztere finden sich nur bei domestizierten Tieren [Sossinka, 1982].


    Hierzu: Grundlegende (genetisch determinierte) Merkmale des Verhaltens bleiben auch bei "Wildtieren" unter Haltungsumständen konstant. Natürlich wirken die (im Verhältnis zu den Bedingungen des Freilebens teils wesentlich anderen) Umgebungen und Umstände auf das Verhalten der "gehaltenen" Tiere (zurück). In Folge kann es - was meist auch geschieht - zu Abweichungen vom und Modifikationen des "Normverhalten/s" kommen.


    Diese "Abweichungen" sind in die Kategorie "postnatal erworbene(n)/erlernte(n) umweltbedingte(n) Modifikationen" im Sinne Deines Zitats einzuordnen. Daß Papageien "postnatal" (also nach ihrer "Geburt") in gewissem Umfang zu "lernleistungsbedingten" Anpassungen und Änderungen des Verhaltens befähigt - und zwangsläufig sogar darauf angewiesen - sind, bedarf eigentlich keiner Erörterung. Zudem sind (haltungs)-"umweltbedingte Modifikationen" (des Verhaltens) keineswegs ein reines Positivum. Darunter sind auch Ausfälle (respektive das Nicht- oder Fehlexekutieren) von Verhaltenselementen (z. B. hypertrophiertes oder fehladressiertes Sexualverhalten) zu subsummieren.


    Progressiv fortschreitende Auswirkungen auf (oder Variationen von) genetische/n Anlagen als Merkmale linearer Domestikationsprozesse sind davon gänzlich unterscheidbar (und somit zu unterscheiden). Abgesehen von durch selektive Zuchtwahl (Einkreuzung von zwei unterschiedlichen - jedoch gattungsgleichen - Arten / oder innerartliche Zufallsmutation mit nachfolgender (Weiter)Verwendung zur Zucht) "erreichten" Variationen phänotypischer Merkmale (wie z. B. abweichende Gefiederausfärbungen) ist der Genotyp gehaltener (nachgezüchteter) Exemplare (bisher) nicht vom Genotyp (= genetische Grundlagen eines Merkmals) der jeweiligen Wildform (mit Einschränkungen ausgenommen bei einigen Agapornis- und Sitticharten) unterscheidbar. Allerdings dürfen die bei vorgenannten Agapornis- und Sitticharten permanenten Fortvererbungsmöglichkeiten in erster Linie phänotypischer Merkmalsänderungen keineswegs zu dem (voreiligen) Schluß führen, bereits eine stabile Domestikation konstatieren zu können, wie Kummerfeld (Quelle: Kummerfeld, N. (2008 ): Die Haltung von Papageienvögeln - Anforderungen und Wirklichkeit, Klinik f. Heimtiere, Reptilien, Zier- u. Wildvögel, Stiftung Tierärztliche Hochschule, Hannover) zutreffend anmerkt: "Unverständlich bleibt auch, weshalb für Wellensittiche und Nymphensittiche mit Hinweis auf ihre "Domestikation" keine Mindestanforderungen festgelegt werden konnten und damit Kleinkäfige weiterhin toleriert werden. (...) Die unterstellte (keineswegs bewiesene) "Domestikation" dieser beiden Arten hat zu keinen wesentlichen Veränderungen der arteigenen Bewegung oder Verhaltensmuster geführt." Züchterische Selektion (sofern - und das ist die Ausnahme jenseits völlig unseriöser Auswüchse - überhaupt "gerichtete" Versuche unternommen wurden/werden) wirkt/e bei den sog. Großpapageien in eher bescheidenem Umfang auf den Phänotyp. Prozesse, welche die Genhäufigkeit im Sinne einer "Merkmalsvererbung" eingreifend ändern (also eine stabile Vererbung von der Wildform abweichender Phänotypen und Genotypen) sind nicht einmal ansatzweise erkennbar. Großpapageien erfüllen somit in keiner Weise die u. a. von Wiesner & Ribbeck definierten und m. E. prägnanten Vorgaben: Haustiere sind "domestizierte Tiere, die sich von ihren wilden Stammformen bezüglich Gestalt, der Funktion und des Verhaltens unterscheiden."


    Quelle: Wiesner, E. & R. Ribbeck (1991): Wörterbuch der Veterinärmedizin, 3. Aufl., Fischer Verlag, Jena


    Zu Deiner Frage:



    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Frage : wird ein Wildtier nicht durch Menschen verändert ?


    Wird ein "Wildtier" in Haltungen überführt, so bleibt es trotzdem ein "Wildtier" mit all seinen arteigenen Ansprüchen und Fähigkeiten. Was sich meist grundlegend ändert, sind seine Lebensbedingungen (respektive: Lebensumstände). Die Änderungen der Lebensumstände haben natürlich qualitative und quantitative Auswirkungen auf die Verhaltensmöglichkeiten (Lokomotion, Futtersuche, Futteraufnahme, Sozialverhalten, Sexualverhalten, agonistisches Verhalten etc.). Insofern: Die Möglichkeiten des Verhaltens (und damit das Verhalten selbst) erfahren durch menschliche Einflußnahme selbstverständlich Veränderungen.


    Zu Deiner Frage:


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Oder reden wir über Wildtierarten !


    Wenn wir über Wildtiere reden, so muß die Diskussion immer dann von der übergeordneten Ebene (Wildtier) auf die untergeordnete Artenebene (Wildtierart) heruntergebrochen werden, wenn es um die jeweils ganz konkreten und unterschiedlichen Artbedürfnisse geht. Das versteht sich von selbst.


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    In wie fern ist das Wildtier vom Menschen beinflußbar in der / seiner Evolution ?


    In vielfältiger Weise. Evolutionäre Prozesse vollziehen sich immer in einer "Auseinandersetzung" mit der Umwelt (zu der seit geraumer Zeit auch der Mensch und dessen Einflüsse) gehören. Um ein Beispiel "menschlicher Einflüsse" zu nennen: Eine Population einer Art X wird durch exponentielles Bevölkerungswachstum aus einer Region X vertrieben und migriert in eine Region Y, wobei sie sich mit einer dortigen (genetisch leicht abweichenden) Population Z der gleichen Art vermischt und neue Eigenschaften in den originären Genpool integriert, die der besseren Auseinandersetzung mit der Umwelt in Region Y dienlich sind. Von individuellen Modifikationen zu geografischen Rassen ist der "Sprung" nicht weit. Selbst die sog. "second-order-predation" (d. h. Prädation von Prädatoren durch den Mensch) hat natürlich zu (physisch manifestierten) evolutionären Anpassungen aller im Prädations-Prädator-Gefüge eingebundenen Tierarten geführt. Als der Mensch (...) die Szene betrat, verfügten die Tiere nicht über evolutionäre Anpassungen, die es ihnen ermöglicht hätten, der technologisch-hochgerüsteten Prädation etwas entgegenzusetzen (Originalzitat Whitney-Smith, 2001: "(...) evolution did not equip these animals to withstand the onslaught of technologically-supported predation when humans finally arrived on the scene." / vgl. auch Hester, 1967; Frison, 1974, 1978; Brumley, 1978 ). Nicht nur der moderne Mensch, sondern schon die "früheren Menschen" haben es verstanden, die Tiere in ihrer Umwelt mit Methoden zu bejagen, welche diese (in Teilen) vor existenzielle Probleme stellte (Martin, 1967, 1984; Owen-Smith, 1987). Dieser "Overkill-Effekt" hat nur die sich über lange Zeiträume (evolutionär) anpassenden Arten überleben lassen. Der Mensch hatte/hat seit seiner frühesten Existenz Einfluß auf evolutionäre Prozesse und ist selbst das "Ergebnis" von solchen.


    Quellen/Literatur zu vorstehenden Ausführungen:


    Brumley, J. H. (1978 ): McKean complex subsistence and hunting strategies in the southeastern Alberta plains, Bison procurement and utilization: a symposium (ed. L. B. Davis & M. Wilson), Memoir 14, Plains Anthropologist, 175 - 193


    Frison, G. (1974): The Casper Site: A Hell Gap bison kill on the High Plains, NY. New York, Academy of Science


    Frison, G. (1978 ): Prehistoric Hunters of the Great Plains, New York, Academic Press


    Hester, J. J. (1967): The agency of man in animal extinctions, in: Pleistocene extinctions: The search for a cause (ed. P. S. Martin & H. E. Wright), New Haven, Yale Univ. Press


    Owen-Smith, E. (1987): Pleistocene extinctions: the pivotal role of megaherbivores, Paleobiology 13, 351 - 362


    Whitney-Smith, E. (2001): Second-Order Predation and Pleistocene Extinctions: A System Dynamics Model, Diss., Columbian School of Arts and Sciences, George Washington Univers.

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Du zitierst:


    (...) so fällt auf, dass die Stammarten bis auf wenige Ausnahmen wie z. B. die Katze, zumeist ein ausgeprägtes Sozialverhalten zeigen. Dies erleichterte den Anschluss an den Menschen und damit die Zähmung und spätere Hirnveränderungen bei domestizierten Landenten (...)


    Randnotiz: Bei den Anatini (wozu die Landenten gehören) handelt es sich zudem um sog. Nestfolger (zum Vergleich: Papageien sind sog. Nestflüchter), was im frühen Entwicklungsstadium die Bindung an den Mensch (unberücksichtigt dessen, ob man das nun als Positivum oder Negativum sehen möchte) objektiv sehr erleichtert. Aber natürlich zutreffend: Arten mit ausgeprägt sozialem Verhalten boten/bieten unabhängig von ihrem aktuellen Status grundsätzlich eine bessere Voraussetzung zur Bindung an den Mensch, als dies bei solitär (oder ganz überwiegend) solitär lebenden Arten der Fall ist. Domestikationsbedingte hirnorganische Veränderungen sind jedoch (unabhängig individueller Lernleistungen) bei Großpapageien keineswegs dokumentiert (hierzu in aller Ausführlichkeit: AVIAN BRAIN NOMENCLATURE CONSORTIUM (2005): Avian Brains And A New Understanding Of Vertebrate Brain Evolution, in: Nature Reviews Neuroscience 6, 151 - 159


    Du fragst:


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    wären die Papageien selbst in der Lage eine vitale Population aufzubauen ( siehe Halsbandsittiche ------------die sind beinflußbar ----------einfaches Bsp . über Futter )


    Zunächst: Der Terminus "die Papageien" ist in diesen Zusammenhängen so nicht sinnvoll anwendbar. Nur ganz wenige Psittaziden (so u. a. die Halsbandsittiche) sind aufgrund verschiedener (begünstigender) Faktoren nachweislich in der Lage, außerhalb ihrer angestammten Verbreitungsgebiete regionale Populationen zu begründen. Sie sind auch beispielsweise dahingehend beeinflußbar, daß man sie an bestimmte (Zu)Fütterungslokalitäten gewöhnen kann.


    Du fragst:


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    wie spiegelt sich die Verhaltensontogenie unter Gefangenschaftsbedingungen ab . Ist es nicht so das eine verringerte angeborene Fluchtbereitschaft ensteht ?


    Die Verhaltensentwicklung von Nestlingen und Jungtieren unter Gefangenschaftsbedingungen ist davon abhängig, was der Mensch (Halter) an im Ethogramm verankerter Normalität zuläßt (bzw. was überhaupt im Rahmen der Möglichkeit liegt). Z. B. Handaufzucht, soziale Deprivation etc. wirken sich selbstverständlich auf die Verhaltensentwicklung (negativ) aus. Eine "verringerte angeborene Fluchtbereitschaft" ist nicht existent. Man kann durch entsprechendes Umgehen mit den Jungtieren auf eine (lern- und erfahrungsabhängige) Verringerung der Fluchtbereitschaft hinwirken. (Ironie an) Eine sich selbst von (Gefangenschafts)Generation zu (Gefangenschafts)Generation qua Fortpflanzung replizierende "verringerte Fluchtbereitschaft" bis hin zum Wegfall derselben ist bei Großpapageien nicht in Sicht. (Ironie aus)


    Du fragst weiter:


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    sind dies nicht sichtbare oder unsichtbare Dinge die Zwangsläufig in Gefangenschaft " weitergegeben werden "


    Sicherlich kommt es auch in Gefangenschaft zur sog. "Tradierung" von Verhaltensweisen; d. h. adulte Exemplare geben Erfahrungswerte an Jungtiere oder subadulte Exemplare weiter - was allerdings nichts mit "Vererbung" im klassischen Sinn zu tun hat.


    Ebenso wenig "vererbbar" (jedoch durch den Mensch/Halter in mehr oder minder starker Ausprägung beeinflußbar) sind durch Menschen/Halter vorgenommene Konditionierungen (z. B. Andressur erwünschter und Wegdressur unerwünschter Verhaltensweisen).


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo Heidrun ;
    vielen Dank für die Erklärungen , habe auch wiederum hierzu fragen . Da ich momentan zeitlich sehr eingespannt bin bleibt mir wenig Zeit diese zu formulieren bzw . zu diskutieren . Ich meld mich aber dazu noch ---------------versprochen :) .


    MFG Jens

  • Hallo Jens,


    nur keinen Streß - laß Dir Zeit. Das Thema rennt uns ja nicht weg. Zwischenzeitlich tippsel ich evtl. ein wenig weiter ;) .


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Greg Glendell: "Um das Risiko der Entstehung solchen Verhaltens bei einem handaufgezogenen Vogel zu verringern, sollten Sie mit ihm so umgehen, dass er nicht sexuell erregt wird. Berühren Sie den Vogel nirgendwo außer am Kopf, wo sie ihn, wie bei der Gefiederpflege der Vögel untereinander, kraulen können. (...) Lassen Sie das Grundtraining mit dem Vogel auch von den anderen Familienmitgliedern üben. Wenn er trotzdem aggressiv wird und das Problem sich nicht vollständig lösen lässt, sollten die anderen Familienmitglieder den Befehl "Bleib" benutzen, um den Vogel daran zu hindern, zu ihnen zu kommen."


    Glendell, G. (2008 ): Papageienschule - Wege zu einem problemfreien Zusammenleben (Übersetzung aus dem Englischen von Claudia Händel), Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart, S. 117


    (Ironie an) Wer hätte gedacht, daß selbst liebevoll von Hand aufgezogene "Haustiere" so aggressiv werden können, daß man "Papageienschulbücher" studieren muß, um ihnen zu verdeutlichen, daß sie gefälligst "domestiziert" sein sollen. Aber je intensiver die Familienmitglieder mit ihnen ein "gesittetes Verhalten" einüben, desto eher wird ihr "wildes Verhalten" sich bessern. Ist das so "geläuterte" Tierchen dann geschlechtsreif, so empfiehlt sich eine Verpaarung mit einem weiteren wohlerzogenen Papageienvögelchen. Dann kann es seine sexuelle Erregung dazu nutzen, kleinen Papageichen zu zeugen, die ganz bestimmt die stubentauglichen Eigenschaften ihrer Eltern erben. Ganz egal, was zu den Möglichkeiten oder Einschränkungen der Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften gesagt wird - ich glaube fest daran. Ich habe schon einige Male in der hochinformativen und sicher auch in der Wissenschaftswelt beachteten Fernsehsendung "Wildes Wohnzimmer" gesehen, wie wohl sich selbst ganz große Aras in der menschlichen Umgebung fühlen. Man muß sie nur rechtzeitig und richtig erziehen. Das ist doch bei allen Haustieren so. Da sehe ich keinen Unterschied. Meine Freundin hat einen derart ungezogenen Pudel ... (Ironie aus)


    Gruß ;)
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Für wirklich an der Vererbungsmaterie (die in Bezug auf Domestikation eine nicht unwesentliche Rolle spielt) interessierte User/innen hier einige Erläuterungen, welche diesbezügliche Inhalte meiner vorhergehenden Postings (so hoffe ich jedenfalls) vielleicht etwas verständlicher machen:


    "Mit Hilfe der Unterscheidung zwischen Genotyp und Phänotyp lassen sich zwei unterschiedliche Kausalprozesse begrifflich scharf trennen: ein Vererbungsprozess zwischen Organismen und ein Entwicklungsprozess innerhalb eines Organismus. Zum einen werden bei der Fortpflanzung Gene, und damit genetische Information, von Organismen der Elterngeneration auf Organismen der Nachfolgegeneration vererbt. Dieser Vererbungsprozess folgt zwei Gesetzmäßigkeiten (...): der Spaltungsregel (auch "Segregationsregel") und der Unabhängigkeitsregel (auch "Neukombinationsregel"). Der Vererbungsprozess, bei dem der Genotyp der Elterngeneration den Genotyp der Nachfolgegeneration verursacht, (...) kann vom äußerlich beobachtbaren Ausdruck der Gene, dem Phänotyp, nicht beeinflusst werden, weshalb erworbene Merkmale nicht vererbbar sind und Lamarcksche Evolution* unmöglich ist."


    Quelle: Lewontin, R. (1992): Genotype and phenotype, in: keller, E. & E. Lloyd (Hrsg.): Keywords in evolutionary biology, Cambridge, MA, 137


    *Jean-Baptiste de Monet, Chevalier de Lamarck hatte in seiner im Jahr 1809 veröffentlichten "Philosophie Zoologique" die Möglichkeit der Vererbung erworbener Eigenschaften (eine Idee, die schon in der griechischen Antike kursierte) postuliert. Er war der erste einflußreiche Vertreter der Idee einer "Evolution", auch wenn seine Vorstellungen in vielen Punkten heute nicht mehr haltbar sind. Der deutsche Biologe August Weismann führte bereits um 1900 den Nachweis, daß erworbene Merkmale nicht im Sinne Lamarck`s vererbt werden können.


    Gruß
    Heidrun

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    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Wir schreiben das Jahr 2060. Die Freilandbestände haben sich derart erholt, daß Organisationen, die sich mit deren Erhaltung und Schutz befaßten, ihre Arbeit voll auf die Verhinderung von Habitatsbeeinträchtigungen konzentrieren können, weil der Heimtiermarkt nunmehr weltweit und quer durch alle Gattungen auf domestizierte Zuchtformen, die auch in der wissenschaftlichen Nomenklatur ihre offizielle Anerkennung fanden, zurückgreifen kann. Nicht nur Amazona aestiva domestica :whistling: erfreut sich als zweite Unterart von Amazona aestiva aestiva (neben Amazona aestiva xanthopteryx) einer noch weitaus größeren Beliebtheit, als das jemals bei den ursprünglichen Wildformen der Fall war. Dies u. a. auch deshalb, weil durch die seit etwa dem Jahr 2010 systematisch betriebene Zuchtauslese nach Zahmheitsmerkmalen ("Merkmalszucht") die Jungtiere ab F3-Generation ff. schon direkt nach der künstlichen Ausbrütung eigenständig den Kontakt zum Mensch suchen und der bei der Ursprungsform ziemlich problematische Übergang zur Geschlechtsreife (insbesondere die gesteigerte Aggression) keine verhaltensprägende Rolle mehr spielt. Domestizierte Papageien sind völlig unproblematisch in jeden Haushalt integrierbar. Ihre Hirnleistung hat zwar (wie wir das bei vielen domestizierten Tieren kennen) etwas abgenommen, aber dadurch bedingt reagieren sie auch nicht mehr so empfindlich auf verschiedenste Umweltreize wie Exemplare ihrer wilden Stammform. Die domestikationsbedingte Verkürzung der Lebenszeitspanne kann in der Gesamtbetrachtung vernachlässigt werden, weil die zuvor gehaltenen Ursprungsformen in aller Regel die mögliche Lebenszeitspanne der Wildform sowieso unter Haltungsbedingungen nur in absoluten Ausnahmefällen erreichten. Die noch bis vor einigen Jahren vielfach beschriebenen Haltungs- und damit einhergehenden Tierschutzprobleme gehören somit endlich der Vergangenheit an, wie der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe in einer Presseerklärung mitteilt. Auch hinsichtlich der zuvor nicht gänzlich zufriedenstellend gelösten Probleme der Ernährung hat sich Bahnbrechendes getan. Mittlerweile steht ein vom Weltmarktführer (weiter)entwickeltes Alleinfuttermittel (ALL-IN-ONE), das für alle Arten gleichermaßen gesund und bekömmlich, leicht zu portionieren und fast rückstandsfrei zu verfüttern ist, zur Verfügung.


    Gruß :D
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Nur zwei Zitate, die eigentlich alles sagen:


    "Nichtzufällige Paarung. Bei allen Arten, bei denen sexuelle Selektion stattfindet, gibt es Vorlieben für einen bestimmten Phänotyp des Sexualpartners. Dies führt dazu, dass bestimmte Genotypen stärker begünstigt werden, als es dem Zufallsprinzip entspricht.


    (...)


    Das genetische Material (die Nucleinssäuren) ist unveränderlich und unempfindlich gegen Einflüsse aus der Umwelt. Von Proteinen kann keine genetische Information auf Nucleinsäuren übergehen, und deshalb ist die Vererbung erworbener Eigenschaften unmöglich."


    Mayr, E. (2001): What Evolution is, Basic Books, New York / Dt. Ausgabe 2005, Das ist Evolution, Wilhelm Goldmann Verlag, München


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo Heidrun ;

    Zitat

    Frage: Aus welcher konkreten Publikation von J. Cnotka, die vorwiegend zur Domestikation und/oder Domestikationserscheinungen bei Landenten arbeitet - und ihre Kernaussagen auf selbige bezieht - wird zitiert?


    Hirnveränderungen bei domestizierten Landenten (Anas platyrhynchos f. d.) -
    morphometrische und ethologische Untersuchungen
    Inaugural-Dissertation
    zur
    Erlangung des Doktorgrades der
    Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
    der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf


    Zitat

    Hierzu: Grundlegende (genetisch determinierte) Merkmale des Verhaltens bleiben auch bei "Wildtieren" unter Haltungsumständen konstant. Natürlich wirken die (im Verhältnis zu den Bedingungen des Freilebens teils wesentlich anderen) Umgebungen und Umstände auf das Verhalten der "gehaltenen" Tiere (zurück). In Folge kann es - was meist auch geschieht - zu Abweichungen vom und Modifikationen des "Normverhalten/s" kommen.


    Diese "Abweichungen" sind in die Kategorie "postnatal erworbene(n)/erlernte(n) umweltbedingte(n) Modifikationen" .................einzuordnen.


    Frage : die Ökologie befasst sich mit der funktion des Verhaltens , wobei dieses es dem Tier ermöglicht sich an die Umwelt anzupassen . Welche Kausalen ( ursächlichen ) mechanismen steuern unter diesen Umständen das Tier . Aus letzten beiden Sätzen bildet / leite sich dann die Ontonogie ab .
    Ist solche ein erworbenes Verhalten auf Dauer nicht ein Baustein der Domestikation ? Verbesser mich bitte wenn ich hier was durcheinander bringe . Ich weiß , sind nur theoretische Fragen ---------------aber in F200 müßte doch eigentlich erkennbar sein , was abgelegt wurde an Verhaltensweisen oder hinzukam . ( Voraussetzung das alle 100.000 gleich gehalten werden -also keine Scheu , keine Agressionen usw. -------------------ich weiß , ist utopie ------------aber nur zum versthen lernen )


    Zitat

    Bei den Anatini (wozu die Landenten gehören) handelt es sich zudem um sog. Nestfolger (zum Vergleich: Papageien sind sog. Nestflüchter), was im frühen Entwicklungsstadium die Bindung an den Mensch (unberücksichtigt dessen, ob man das nun als Positivum oder Negativum sehen möchte) objektiv sehr erleichtert. Aber natürlich zutreffend: Arten mit ausgeprägt sozialem Verhalten boten/bieten unabhängig von ihrem aktuellen Status grundsätzlich eine bessere Voraussetzung zur Bindung an den Mensch, als dies bei solitär (oder ganz überwiegend) solitär lebenden Arten der Fall ist.


    Genau aus diesem Grunde sind doch solche Arten geradezu bevorzugt , diese dem Menschen anzupassen .

    Zitat

    Sicherlich kommt es auch in Gefangenschaft zur sog. "Tradierung" von Verhaltensweisen;


    Frage : Können solche Elemente aus dem " Baukasten " ( Gen ) nicht im Laufe der Zeit entfernt werden , da diese nicht mehr benötigt werden ? ( Beispiel Agression )
    Wären dies / solches nicht Faktoren , die zu Veränderungen der Allelfrequenzen im Genpool einer Population ( 100.000 Stück in Gefangenschaftshaltung , alle gleich :) ) führen oder Allele auf den Chromosomen neu kombinieren.


    Zu Greg Glendell : geh mir blos los mit diesem Buch :thumbsup: , das hatte eigentlich n guten Heizwert --------------bis Alex ( Sittichalex ) es sich nochmal durchlesen wollte .


    MFG Jens

  • Vergessen ;) : ich hatte in der Arbeit von der Cnotka gelesen , das sich die reproduktion verringert . Ich glaube das auch schon mal gelesen zu haben von Wachteln oder / und Hühnern . Woran liegt das ? Kann das für die Papageien auch zutreffen ?
    MFG Jens

  • Hallo Jens,


    danke für die Benennung der Quelle. Ich hatte schon erwartet bzw. es war mir im Prinzip klar, daß es sich bei einer Arbeit von Cnotka um eine Arbeit zu Landenten handeln muß. Schon der Arbeitstitel "Hirnveränderungen bei domestizierten Landenten ..." bietet einen guten Anknüpfungspunkt an generell im Rahmen von Domestikationserscheinungen beobacht- bzw. sogar meßbaren und stets degenerativen hirnorganischen Veränderungen. Bei als domestiziert geltenden Tierarten ist (je nach Art) eine Abnahme des Hirngewichtes um zwischen 10 und 30 % dokumentiert. Besonders betroffen sind die Projektionsfelder der optischen und akustischen Sinneserregung, weniger dagegen die Assoziationszentren.


    Du fragst:

    (...) Ist (...) ein erworbenes Verhalten auf Dauer nicht ein Baustein der Domestikation ? (...)


    Ich zitierte bereits Lewontin (1992), daß und warum "erworbene Merkmale nicht vererbbar sind (...)". Plastischer erläuterte dies schom im Jahr 1912 G. v. Ubisch: "Dürfen wir annehmen, daß unter günstigen Umständen durch im elterlichen Körper ausgelöste Erregungen die erblichen Potenzen der Keimzellen und damit die Reaktionsnormen der Nachkommen verändert werden können, und zwar, falls diese Erregungen schon bei den Eltern wahrnehmbare Veränderungen hervorgebracht haben, in der Richtung gleichsinniger Veränderung bei Eltern und Nachkommen? (...) Die morphogenen Erregungen sind (...) nicht erblich; darunter fallen die negativen Ergebnisse mit Vererbung von Sprache, Kenntnissen bei Menschen, von Dressur bei Tieren, ferner Nichtvererbung von Verstümmelungen, Unwirksamkeit der Selektion in reinen Linien und Reinheit der Rückschläge bei Pfropfbastarden. (...) Die ektogene Erregung schließlich besteht in der Einwirkung physikalischer und chemischer Reize. Verf. zeigt, daß diese nur nach Transformation in somatische Erregungen wirken können, also die Lehre von der Parallelinduktion hinfällig ist. (...)"


    Quelle: v. Ubisch, G., in: Semon, R. (1912): Das Problem der Vererbung "erworbener Eigenschaften", Kapitel Varietäten / Physiologie, Engelmann, Leipzig, S. 537


    Ein erworbenes Verhalten ist nicht "vererbungsstabil". Insofern spielt es keine genetisch rück- oder besser vorwirkende Rolle bei evolutionären Prozessen und/oder Domestikationsprozessen als (wie der von mir schon zitierte E. Mayr sie nannte) "Sonderfall der Evolution".


    Erworbenes Verhalten ist "individuell"; d. h. es ist für die Zeitspanne seines Lebens an einen in einer bestimmten Umwelt lebenden "Erwerber" geknüpft. Mit dem Tod des "Erwerbers" geht das erworbene Verhalten "unter" - es sei denn, wie von mir bereits erwähnt, das erworbene Verhalten (oder ein Teil des erworbenen Verhaltens) wird vom Erwerber während seiner Lebenszeitspanne an andere Individuen weitergereicht etc. (Stichwort: tradiertes Verhalten). Zu Deiner wohl in vorstehendem Zusammenhang zu sehenden Anmerkung:


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    (...) aber in F200 müßte doch eigentlich erkennbar sein , was abgelegt wurde an Verhaltensweisen oder hinzukam . (...)


    Genetisch "abgelegt" wird auf diese Weise nichts, allerdings bestünde die (jedoch rein theroretische) Möglichkeit einer ununterbrochenen direkten (nicht genetischen) Weitergabe individuell erworbenen Verhaltens bei konstanter Generationenfolge. Das ist (wie von Dir selbst angemerkt) "Utopie".


    Zur simpleren Verdeutlichung der Unmöglichkeit der Vererbung "erworbener Eigenschaften" ein Beispiel aus der "Menschenwelt": Annegret erwirbt per Volkshochschulkurs Englischkenntnisse. Annegret ist Mutter zweier Töchter. Annegret gibt ihre Englischkenntnisse an die Töchter weiter. Liesel (eine der beiden Töchter) wird ebenfalls Mutter. Ihr Söhnchen hat nicht die Englischkenntnisse von Liesel geerbt. Liesel kann den Stand ihrer Kenntnis natürlich zu gegebener Zeit an ihren Sohn weitervermitteln. Das herzförmige Tatoo von Liesel hat sich ebenfalls nicht auf ihr Söhnlein vererbt".


    Zu Deiner Kurzrezension ;) :


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Zu Greg Glendell : geh mir blos los mit diesem Buch :thumbsup: , das hatte eigentlich n guten Heizwert


    Meine ebenfalls kurze Antwort: Den Heizwert kann ich nicht beurteilen. Ansonsten: Zustimmung :thumbup: !


    Du schreibst:


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    (...) ich hatte in der Arbeit von der Cnotka gelesen , das sich die reproduktion verringert . Ich glaube das auch schon mal gelesen zu haben von Wachteln oder / und Hühnern . Woran liegt das ? Kann das für die Papageien auch zutreffen ?


    Eine verringerte Reproduktion als Domestikationserscheinung wird des öfteren und bei verschiedenen Arten beschrieben. Mit der Verringerung von Stressoren und von Verlustfaktoren für Würfe oder Gelege (wohlgemerkt: bei bereits domestizierten Arten) geht meist eine Veränderung der Hormonproduktion und des Instinktverhaltens einher. Der jahreszeitliche Fortpflanzungsrhythmus und der Ablauf der Instinkthandlungen lösen sich von den starren Bindungen. Sie werden plastischer. Es besteht unter Domestikationsbedingungen keine arterhaltende Notwendigkeit erhöhter Reproduktion. Die zu erwartende Frage danach, warum das Haushuhn (Stichwort: Eierfarm) trotzdem so viele Eier legt, ist leicht zu beantworten: Es unterliegt einer Dauerstimulation durch permanente Wegnahme der Gelege (Eier) und der damit einhergehenden Anregung der Neuproduktion sowie durch künstliche Regulation (u. a. Beleuchtung) der Tagesperiodik. Ob und wie weigehend das Charakterium einer verringerten Reproduktion auf Papageien unter Domestikationsbedingungen zutreffen könnte, vermag ich nicht zu beurteilen.


    Zurück zum Kernthema:


    1.
    Zoologisch-biologischer Status:
    Alle Großpapageien sind als "Wildtiere" einzustufen. Eine Domestikation liegt nicht vor. Die hierfür heranzuziehenden Merkmale fehlen. Bei einigen Agapornis- und Sitticharten (Nachzuchten) ist der Status strittig.


    2.
    Artenschutz:
    a. Es besteht ein unbestreitbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Fang freilebender Papageien im Rahmen legalen und illegalen Handels und teilweise artgefährdenden Bestandsrückgängen. Fang und Handel sind in erster Linie Resultat der Nachfrage nach Papageien für den Heimtiermarkt und eine von mehreren Ursachen für die Gefährdung der Freilandbestände.
    b. Quotierungen (Stichwort: CITES) wurden/werden oft nicht eingehalten (aktuelle Beispiele: Westafrikanische Staaten, Argentinien) und sog. kontrollierte Entnahmen aus Wildbeständen (Stichwort: Nachhaltigkeit) entziehen sich einer effektiven Kontrolle.
    c. Nationale und/oder internationale Einfuhrbeschränkungen/Einfuhrverbote haben sich nur als sehr bedingt wirksam erwiesen.
    d. Zur Einschätzung der Bestandssituation einiger Arten fehlen entsprechende Feldstudien.


    3.
    Tierschutz:
    Papageien stellen in jeder Hinsicht hohe Anforderungen an die Haltung. Selbst die Einhaltung der nicht rechtsverbindlichen "Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien" ist in den wenigsten Fällen gewährleistet oder überhaupt zu gewährleisten. Die Erwartung an die Haltung von Papageien (vgl. u. a. verschiedene Studien, Kleinanzeigen) und damit die Haltung selbst entsprechen ganz überwiegend nicht den biologischen jeweils arteigenen Erfordernissen. Inlandsnachzuchten oder importierte Nachzuchten ändern (vgl. 1. Zoologisch-biologischer Status) nichts an dieser Situation. Im Gegenteil: Durch das vermehrte (fast schon überwiegende) Angebot an Handaufzuchten treten zusätzliche (Haltungs)Probleme auf.


    Gruß
    Heidrun


    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo Heidrun ;


    ich hab das ja verstanden mit dem erworbenen Verhalten ( erinner mich an son Thema wo Du dann geschrieben hattest " Amazona domestica bavaria " :D )


    ich hab vieles verstanden von dem was Du geschrieben hattest , bei einer Sache stehe ich aber auf dem Schlauch . Vieleicht hatte ich mich in meinem letzten posting auch nicht treffend oder fehlerhaft ausgedrückt .


    Ein klares Zeichen von Domestikation ist ein kleineres Hirn . So weit so gut . Wie kam es aber dazu ? Wieso brauchen domestizierte Arten weniger Hirn . Wenn ich da mal ein einfaches Beispiel nehme : der Hund gilt als domestiziert , er braucht / baut keine Höhle wie der Wolf ( Nachkommen ) . Kannst Du mir das an solch ( oder ähnlich einem Beispiel erklären ? Wäre toll .


    MFG Jens

  • Hallo Jens,


    da ich gerade mit anderen Themen (u. a. Artenschutz) befaßt bin und ich Dir Deine Frage etwas umfassender erläutern möchte, geht meine Bitte an Dich, mir etwas Zeit mit der Antwort zu geben. Auf jeden Fall hat es auch damit zu tun, daß das Gehirn eines Haustieres nicht mehr so "beansprucht" wird wie das eines Wildtieres.


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo Jens,


    menschlicher Schutz und/oder das Leben in behüteten Großherden fordern das Einzeltier weitaus weniger als das "beunruhigende" Leben in freier Wildbahn. In der freien Wildbahn überlebensnotwendige Leistungen wie beispielsweise die aktive Suche nach Futter/Beute, die Feinderkennung und die (strategische) Feindabwehr erfordern leistungsfähige - im Gehirn angesiedelte - Zentren der Sinneserregung (v. a. optische, akustische und olfaktorische (geruchliche) Zentren). Furchenlänge und Furchentiefe dieser (Gehirn)Zentren vermindern sich im Hausstand (vgl. Thorpe, 1948 ). In Folge kommt es zu einer Verminderung des Hirngewichts. D. h. keinesfalls, daß domestizierte Tiere "dümmer" sind als ihre "wilde" Verwandtschaft. Sie sind lediglich anders, bzw. an grundlegend andere Bedingungen adaptiert (angepaßt), was sich u. a. darin äußert, daß (wie bereits gepostet) die Assoziationszentren des Hirns domestizierter Tiere kaum Änderungen erfahren (haben). Die exogenen Reizerzeugungen sind logischer Weise unter Domestikationsbedingungen völlig von den Bedingungen des Freilebens unterscheid- und abgrenzbar. Domestizierte Tiere können durchaus assoziieren - was ja auch Voraussetzung für notwendige adaptive Modifikationen des (Wild)Tierverhaltens (und damit der "Haustierwerdung überhaupt) ist. Instinktive Verhaltensmuster, die schließlich nicht aus "dem Nichts" entstehen, sondern beim Wildtier Überlebensnotwendigkeiten folgen und in ganz speziellen Gehirnarealen abgelegt sind, treten zwar auch beim Haustier (domestizierten Tier) weiterhin auf - jedoch in teilweise sinnlos erscheinender, zumindest aber nur noch abgeschwächter, rudimentierter Form (vgl. Spurway, 1955). Beispiele: Das Vergraben von Beute beim Hund oder das kreisende Treteln von Katzen (das bei "Wildkatzen" vom Herrichten eines Nachtlagers dient).


    Literatur/Quellen:


    Spurway, H. (1955): The Causes of Domestication: An Attempt to integrate some Ideas of Konrad Lorenz with Evolution Theory, Journal of Genetics, 55


    Thorpe, W. H. (1948 ): The Modern Concept of Instinctive Behaviour, Bulletin of Animal Behaviour, 7


    Beim domestizierten Wolf (also dem Hund) hat der Mensch in erheblichem Umfang züchterisch selektierend gewirkt, indem er sich u. a. durch Rück- und Einzüchtungen verlorene (instinktive) Merkmale wieder nutzbar gemacht hat (Stichwort: Merkmalszucht). Es geht dabei um Verhaltensmerkmale, die sich durch künstliche Selektion innerhalb bestimmter (Hunde)Rassen, die für bestimmte Verhaltenszwecke gezüchtet wurden, etablieren konnten. Sie zeigen innerhalb der Rasse eine mehr oder weniger große genetische Varianz (Beispiel(eigenschaften) "Jagdhund": Jagdpassion bei hoher Reizschwelle, Raubzeugschärfe etc.).


    Hirnorganische Veränderungen (wie z. B. Rückbildung bestimmter Areale / Kompensation/Modifikation durch andere Areale) sind erstaunlicher Weise in der ersten Gefangenschaftsgeneration von (allerdings nicht allen) Wildtierarten (und nicht bei allen in gleichem Umfang) zu beobachten. Daraus läßt sich jedoch keinesfalls der Analogieschluß herleiten, daß Wildtiere, die sich in Gefangenschaft vermehren (lassen), und deren Hirnareale in Folge der Haltung Veränderungen unterworfen sind, als "domestizierte Arten" anzusehen sind. Täte man dies, so müßte man folgerichtig fast alle in zoologischen Gärten gehaltene Wildtiere, z. B. die Löwen, als domestiziert ansehen - hat man doch u. a. auch bei diesen unter (Zoo)Haltungsbedingungen hirnorganische Veränderungen in nicht unerheblichem Umfang im Vergleich zu ihren freilebenden Genossen feststellen können.


    Literatur:


    Northcutt, R. G. & J. H. Kaas (1995): The emergence and evolution of mammalian neocortex, Trends Neurosci. (18 ), 373 - 379


    Hirnorganische Änderungen sind nur ein Faktor bzw. eine Folge von Domestikationsprozessen. Um "Domestikation" halbwegs verläßlich feststellen und definieren zu können, muß man sich einer umfänglichen Includere- und Excludere-Systematik bedienen.


    Hebb schrieb dazu schon im Jahr 1955 zutreffend: "The identity of factors only idenified by exclusion must strongly be doubted". ("Die Identität von Faktoren, die nur durch Ausschluß definiert werden können, muß stark bezweifelt werden.")


    Quelle:


    Hebb, D. O. (1955): Heredity and Environment in Mammalian Behavior, British Journal of Animal Behavior (1)


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
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  • Ich hab mal zwei (sich selbst erklärende) Grafiken zum Thema angehängt.


    Gruß
    Heidrun

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    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Die Ausbildung und Leistungsfähigkeit des Gehirns resultiert vor allem aus der Summe der es erreichenden Reize in der Jugendphase. In dieser Zeit werden die Windungen angelegt, ausgeformt und die Verknüpfungen der Hirnzentren ausgebildet. In späterem Alter ist ein ausgeformtes Hirn nicht mehr umzuformen, dessen Verknüpfungen nur schwer zu verändern. Die Fähigkeit zu lernen bedeutet, bestehende Verknüpfungen abzubauen und neue aufzubauen. Je älter das Gehirn, desto mehr Verknüpfungen wären abzubauen, was langwierig ist und möglicher weise von Ängsten begleitet wird. Ein junges Hausschwein hat beinahe die gleichen Potenziale, wie junge Wildschweine.

  • Guten Abend,


    die Positionen des Papageienschutz-Centrum Bremen sind in sich schlüssig. Ich teile zudem die Ansicht,


    dass eine Verbesserung der Situation nur auf administrativem Weg herbeigeführt werden kann.


    Gruß


    Volker


    Auszug aus der Website des Papageienschutz-Centrum:


    Zielsetzungen


    Papageien erleiden körperliche und seelische Schädigungen, wenn der Mensch sie als Haus- oder Zootiere hält, weil ihnen in der Gefangenschaft die Befriedigung ihrer arteigenen, natürlichen Bedürfnisse und die Entfaltung ihrer natürlichen Verhaltensweisen, die sie als Flug-, Flucht- und Schwarmtiere haben, nicht möglich ist. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um eingefangene Wildpapageien oder um Zuchtpapageien handelt: Sie leiden alle gleichermaßen. Massiv verstärkt wird das Leid der Papageien in der Gefangenschaft, wenn Maßnahmen zu ihrer Zähmung (Domestizierung) eingesetzt werden, seien es nun Maßnahmen der Zucht (Handaufzucht) oder Maßnahmen der Verhaltensdressur. Aus diesem Grund hat sich das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. zur Aufgabe gemacht, Papageien vor dem Leid der Gefangenschaft zu schützen. In der Erfüllung dieser Aufgabe lässt sich das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. von zwei Zielen leiten:


    Die Anzahl der als Haus- und Zootiere gehaltenen Papageien soll nicht weiter ansteigen.


    Um dieses Ziel zu erreichen, strebt das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. an, Menschen, die beabsichtigen für ihre private Haustierhaltung oder in Ausübung ihres Berufes für die öffentliche Zurschaustellung in Zoos, Vogelparks, Zirkussen oder anderen Einrichtungen Papageien anzuschaffen, zu der Einsicht zu bringen, dass sie einen wichtigen und vorbildlichen Beitrag zur Verhinderung von Tierleid leisten, wenn sie auf die Anschaffung von Papageien verzichten.


    Das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. lehnt die Zucht von Papageien ab. Die Vermehrung der Papageien im Rahmen schon vorhandener Papageienhaltungen muss – auch wenn es sich um einen Eingriff in natürliche Vorgänge handelt - durch tierverträgliche Maßnahmen unterbunden werden, um weiteren Papageien die Gefangenschaft zu ersparen.


    Das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. lehnt ebenso das Einfangen wild lebender Papageien für die private Haustierhaltung wie auch für die Haltung in Zoos, Vogelparks, Zirkussen oder anderen Einrichtungen ab. Das Einfangen wild lebender Papageien ist ein Akt brutaler Tierquälerei und bedroht das Überleben vieler Papageienarten in ihren nätürlichen Lebensräumen. Das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. lehnt die Vermarktung von Papageien ab.


    Papageien, die bereits als Haus- oder Zootiere gehalten werden, sollen möglichst naturnah leben.


    Um dieses Ziel zu erreichen, strebt das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. an, die Menschen, die privat oder in Ausübung ihres Berufes Verantwortung für Papageien in der Gefangenschaft tragen, zu der Einsicht zu bringen, dass es zur Verminderung des Leides der Papageien unbedingt notwendig ist, ihnen in der Gefangeschaft naturnahe Lebensbedingungen zu bieten. Es ist den Papageien ein Leben mit Artgenossen in einer Umgebung zu ermöglichen, deren Gestaltung sich ausschließlich an den natürlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen von Papageien orientiert.


    Das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. lehnt sowohl die Einzelhaltung als auch die Zähmung von Papageien sowie ihre Unterbringung in Käfigen, Zimmervolieren oder Räumen ab, die eine naturnahe Ausgestaltung nicht zulassen.


    Wenngleich das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. in der Verfolgung seiner Ziele auch wesentlich auf die Aufklärung und auf die Einsicht der Menschen setzt, so wird sich doch ein wirksamer und dauerhafter Schutz der Papageien ohne gesetzliche Maßnahmen nicht erreichen lassen.


    Aus diesem Grund begreift und praktiziert das Papageienschutz-Centrum Bremen e. V. seine Aufgabe, Papageien vor dem Leid der Gefangenschaft zu schützen, auch wesentlich als eine politische Aufgabe.