Rangordnungen bei Großpapageien

  • Ich hatte mir die entsprechenden Artikel in Papageien und in der Gefiederten Welt durchgelesen. Einige sind der Meinung das es solche ein " Sythem " nicht giebt. Was ich gelesen hatte, sag ich einfach mal ja. Ich werde mal ein soziogramm über Aras in einem Zeitraum von 3 Monaten in Gefangenschaftsbedingungen mal erstellen, vieleicht kann ich / mann dazu was ableiten wie es in der Natur laut Aussagen funktioniert ------------und wie sich dies unter Gefangenschaftsbedingungendarstellt.


    Eine Frage habe ich dazu :




    Stellt sich dies im eigentlichem Sinne für alle Papageienarten dar ? Wenn ja , wie.


    Von den kakadus sind ja Wächtersysteme bekannt. Dies wird keinem Tier angeboren, ist eine solche Funktion als Wächter " ein höher gestelltes Tier " ?


    Wenn nicht ; wenn es täglich wechseln würde-------------wäre es ja keine Rangordnung, es sei denn das die Abfolge des Wächters immer gleich verläuft.


    Noch eine Frage : so wie ich es in " Gefiederte Welt " gelesen habe ( Ausgabe09 / o8 ) sollte man Großpapageien in einer Gruppe halten, schon alleine damit sie nicht verdummen ( letzteres habe ich so interpertiert ). Einerseits wird dann aber zur Brut bei entsprechenden Arten von Trennung gesprochen , und andererseits wieder , das sich gerade eine Gruppenhaltung( solcher ) positiv auf die Zucht auswirkt. An dieser Stelle ist die Verwirrung perfeckt .


    Ansonsten ist die Hyrachie innerhalb einer Gruppe klar festgelegt ( Hagenbecks Aras aus Gefiederte Welt 08 / 08 )----------------würde sich wiederum die Frage auftun wenn man diese zur Brutzeit trennt und danach wieder zusammensetzt------------------giebt es doch zwangsläufig " Mord und Totschlag " .Daraus würde ja dann folgen ( wie ich es diesem Artikel entnehmen kann, das ein Alpha-Paar in die Omega-position ) absacken könnte .


    In den Artikeln stand auch, es würde mit dieser Gruppenhaltung bei entsprechend großen Volieren gehen. Was ist wie groß ? Hier wurde von Kakdus berichtet. In der freien Natur hat ein solcher ein Teritorium von etwa 1qkm ---------------in der Gefangenschaftshaltung undenkbar. Wenn ich meinen Olli freilassen würde ( ich denke mal er würde zurück kommen :whistling: ----------aber wen würde er alles angreifen ? ------------je dichter alles im Radius seiner Bruthöhle sein würde ? Ich hab hier die Auswahl zwischen den Hühnern meines Nachbarn , bis zu meinen Nachbarn selber :whistling: ( lach )


    Anderseits wiederum , haben Aras in einer Gemeinschaftsvoliere gebrütet , und die is weitaus kleiner , als die ich meinen zur verfügung stelle.


    Viele offene ( vieleicht auch berechtigte ) Fragen-----------------ich weiß, is mehr als eine geworden ^^




    MFG Jens

  • Hi Jens,
    da hast Du ein schwieriges Thema aufgegriffen.
    Ich versuche dir mal mit meinen Erfahrungen zu antworten.
    Also bei Gruppenhaltung spielt nicht nur die Rangordnung eine Rolle sondern auch die Sympathieen der Tiere untereinander. Wenn sich 2 ranggleiche Tiere nicht leiden können, dann hat man Dauerstress und Dauerkrieg in der Gruppe.
    Auch wenn die Voliere noch so groß ist, die Tiere, die sich nicht leiden können sind dazu verdonnert, sich den ganzen Tag gegenseitig anschauen zu müssen.
    Wichtig sind Sichtblenden, Räume um sich aus dem Weg gehen zu können. Eine große Voliere, die von hinten bis vorne für alle komplett einsehbar ist, ist nicht gerade optimal. Ausweichmöglichkeiten und Rückzugsmöglichkeiten sind sehr wichtig.
    Es wird immer von Schwarm oder Gruppenhaltung geredet, dieses als Optimum probagiert. Wenn das aber falsch gemacht wird, dann hat weder Halter noch Tier seine Freude an der Gruppe.
    Nirgenswo in der Natur hockt ein ganze Schwarm den ganze Tag zusammen. Dies trifft nur zum Schlafen zu. An sonsten sind kleinere Gruppen oder Paare den Tag über gemeinsam auf Achse.
    Diese Gruppen bilden sich auch bei der Schwarmhaltung in der Gefangenschaft. Werden die Tiere gezwungen, immer aufeinander zu hocken ohne sich aus dem Weg gehen zu können gibts wirklich Ärger.
    Während der Brutzeit sondern sich die Paare vom Schwarm und der Gruppe ab. Daher sollte man diese Möglichkeit auch in der Gefangenschaft bieten können.Die Bruthöhlen sollten so aufgestellt sein, daß zur übrigen Gruppe kein Sichtkontakt besteht. Und es müssen mehr Bruthöhlen vorhanden sein als Paare in der Gruppe sind. Sonst gibt es nicht nur Stress sondern üble Kämpfe bis aufs Blut.
    Daher separieren viele die Brutpaare während der Brutzeit, das ist einfacher aber nicht unbedingt förderlich was die Rangordnung in der Gruppe angeht. Da hst Du den Nagel auf den Kopf getroffen.
    Wächter gibt es in einem Schwarm mehrere. In jeder einzelnen Gruppe übernimmt ein Tier diese Funktion. Ich habe auch 2 solcher Aufpasser. Einer ist der Hahan, der so die ganze Meute zusammenhält und der zweite Aufpasser ist ein Hahn in einer Achtergruppe, nicht gerade der Anführer oder hoch gestellt in der Rangordnung, sondern ein sehr selbstsicherer, selbstbewusster aber allseits beliebter, vorsichtiger Hahn.
    Was die Größe der Voli anbelangt, da kann ich mal nichts dazu sagen. Groß genug kanns eh nicht sein. Dazu gibt es keine Werte, keine Angaben. Da ist gutes Fingerspitzengefühl gefragt.Die Mindestanforderungen sollten aber deutlich um ein Mehrfaches überschritten werden.
    Ich behaupte mal aus eigener Erfahrung, wenn man die Mindestmaße für ein Paar nimmt und dann für jedes weitere Paar mal 1,5 die Fläche multiplitziert, so wie es gefordert wird, dann kann man keinen Schwarm oder eine größere Gruppe halten ohne daß es Probleme gibt.
    Liebe Grüße,
    Frank

  • Hallo Frank



    Zitat

    Also bei Gruppenhaltung spielt nicht nur die Rangordnung eine Rolle sondern auch die Sympathieen der Tiere untereinander


    Also ich habe Grafiken vor mir liegen, wo jeder mit jedem kann . Also vom Sozialgefüge her, ob nun sympathien vorlogieen oder nicht-----------ist das eigentlich streng geregelt---------------sag ich einfach mal so, so habe ich es zumindest verstanden.



    Zitat

    Nirgenswo in der Natur hockt ein ganze Schwarm den ganze Tag zusammen. Dies trifft nur zum Schlafen zu. An sonsten sind kleinere Gruppen oder Paare den Tag über gemeinsam auf Achse.


    Das habe ich auch so gelesen, nur wäre es ja dann so ---------------das sich nach erfolgreicher Brut die Karten wieder neu gemischt werden. Eine Brut dauert ja komplett ( so denke ich ) ungefähr ein halbes Jahr. Also wären ja die Vögel wärend dieser Zeit ja gar nicht als Schwarm unterwegs, lediglich als Gruppenverband.



    Zitat

    Wächter gibt es in einem Schwarm mehrere. In jeder einzelnen Gruppe übernimmt ein Tier diese Funktion. Ich habe auch 2 solcher Aufpasser. Einer ist der Hahan, der so die ganze Meute zusammenhält und der zweite Aufpasser ist ein Hahn in einer Achtergruppe, nicht gerade der Anführer oder hoch gestellt in der Rangordnung, sondern ein sehr selbstsicherer, selbstbewusster aber allseits beliebter, vorsichtiger Hahn.


    Wie muß ich mir das vorstellen ? Sind diese beiden Gruppen seperat voneinander ? oder beide Gruppen innerhalb eines Schwarms ?


    MFG Jens

  • Hi Jens,
    wenn ich die ganze Meute mal als Bonsaischwarm bezeichne, dann sind in dem Schwarm ein Achtergruppe, eine Dreiergruppe, ein Paar das mit allen ganz gut kann und ein Paar das geduldet wird aber keiner so recht leiden malg weil die Beiden sich immer wie "Arsch auf Eimer" benehmen. Und wenns drauf ankommt halten alle 15 fest zusammen, wird auch Einer aus einer anderen Gruppe mit gegen eine angebliche Bedrohung verteidigt. Ist nicht einfach für mich ein Tier zu behandeln wenn alle Anderen auf Angriff gebürstet sind.
    Ich ziehe da immer Parallelen zu menschlichen Verhaltensweisen.
    Viele Menschen auf einen Haufen gepackt wie in einer Firma oder ner Schulklasse, bilden sich in der Gemeinschaft schnell Cliquen und Grüppchen. Man hält sich meist in seiner "Gang" auf und kann aber auch mehr oder weniger gut mit den Anderen oder mit Einzelnen aus anderen Cliquen.
    Das ist nichts wirklich Festes.
    So ist es zumindest bei unseren Amas, habe da ja keine Vergleichsmöglichkeiten die belegen daß das grundsätzlich so ist. Ich kenn halt meine Pappenheimer gut und weiss wie die so ticken.
    Liebe Grüße,
    Frank

  • Hallo Frank,


    So ist es zumindest bei unseren Amas, habe da ja keine Vergleichsmöglichkeiten die belegen daß das grundsätzlich so ist. Ich kenn halt meine Pappenheimer gut und weiss wie die so ticken.


    hier mal zwei Vergleichsmöglichkeiten:


    "Weinhold (1998 ) hat über den Zeitraum von 3 Jahren das Verhalten einer Volierengemeinschaft von 13 Blaustirnamazonen analysiert. Sie konstatierte eine relative Rangordnung. Innerhalb der Volierensozietät existierten Untergruppen mit "interner" Rangordnung (...).


    Marion Wehe berichtet in einer privaten Mitteilung (2005) ebenfalls von der Ausbildung einer relativen Rangordnung innerhalb der von ihr in einer Großvoliere gehaltenen Gruppe von Venezuelaamazonen (Amazona amazonica). Die insgesamt 16 Amazonen fanden sich zu drei Dreiergruppen, zwei Zweiergruppen, zwei Jungtieren und einem fehlsozialisierten Einzeltier zusammen. Interaktionen zwischen den Subgruppierungen sind an der Tagesordnung. (...)"


    Munkes, V. & H. Schrooten (2008): Großpapageien - Gruppengefüge und Rangordnungen unter Haltungsbedingungen, Gefiederte Welt 8/2008, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart


    @Jens
    Auf Deine Fragen gehe ich später ein - sie sind nicht vergessen.


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Wenn ihr hier von "Rangordnung" redet, wüßte ich gern mal eure Definition einer Rangordnung.
    Bei Rudeltieren wie Wölfen und Pferden gibt es eine klare Rangordnung. Die Tiere kämpfen sie aus, die aus den Rangordnungskämpfen hervorgehenden Alphatiere stehen bei allen Aktionen vorne, egal ob es um Wanderungen, Jagd, Fressen, Verteidigung geht. Rangniedere Tiere zeigen ihnen gegenüber Unterwürfigkeit.


    In der Form gibt es das bei Vögeln nicht, würde auch keinen Sinn machen, da Aktivitäten im Schwarm immer zeitlich begrenzt sind, etwa um entfernte Wasserstellen anzufliegen. Ansonsten ist das Paar, der Familienverband, ein Freundeskreis das Zentrum des sozialen Miteinanders.
    Ihr schreibt auch, dass es in einer größeren Gruppe zur Bildung kleinerer Grüppchen kommt.
    Aber gibt es im ganzen Schwarm oder in der Untergruppe wirklich "Alphatiere" oder ändert sich das situationsbezogen, wer gerade den Anführer macht?


    Was ich bei den Wellensittichen beobachten konnte, falls es interessiert:
    Anfangs hatte ich einen Hahn und eine Henne, aber kein Paar. Henne sehr dominant. Es kamen im Laufe der Zeit jüngere Tiere hinzu. Die Henne hat diese Neuankömmlinge von sich und dem, was sie gerade tat ferngehalten durch Meckern und Drohen, sie hat ihnen andererseits aber auch beigebracht, wie man sich in der neuen Umgebung zurecht findet. Dies so deutlich, dass es mir als Mensch auffiel. Man hätte sie als Alphatier bezeichnen können, oder war es doch nur die Weitergabe von Erfahrung an die jüngeren?


    Die Bildung von Untergruppen (Freundeskreisen) konnte ich auch beobachten. Diese waren jedoch nicht starr, es gab auch Interaktionen zwischen Individuen verschiedener Untergruppen. Was es nie gab war, dass eine Gruppe sich beim Fressen ein Vorrecht nahm.


    Es gab einzelne Vögel, die immer die ersten am Futter waren.
    Es gab einzelne Vögel, die immer die ersten an neuen Ästen, neuem Spielzeug waren (also besonders mutig waren) und das waren nicht die gleichen, die zuerst ans Futter gingen.
    Warnrufe konnten von jedem kommen und den ganzen Schwarm zum augenblicklichen Verstummen und still verhalten bringen.


    Was ich auch noch bemerkenswert fand, dass die Bindung der Altvögel zu ihrem Nachwuchs anscheinend über die Zeit bis zur Selbstständigkeit hinaus geht und auch unter den Jungen noch eine Bindung besteht.


    Worauf ich hinaus will: Sollte man bei Vögeln nicht statt von Rangordnung besser von Sozialgefüge sprechen? Ein Sozialgefüge, in dem jedes Tier seine besonderen Fähigkeiten (Erfahrung, Mut, Geschicklichkeit, Wachsamkeit, usw.) situationsbedingt einsetzt, so dass alle davon profitieren?

  • Hallo Dagmar ;


    Zur Defination habe ich bei Wiki nachstehendes gefunden. Es trifft eigentlich auf das beschriebene Verhalten zu----------------oder siehst Du das anders .


    "


    Als Rangordnung bezeichnet man in der Verhaltensbiologie eine Hierarchie, durch die bestimmte „Rechte“ und „Pflichten“ innerhalb einer sozialen Gruppe geregelt und für eine längere Zeitspanne festgelegt sind.


    Das Entstehen von Rangordnungen und die Verhaltensweisen der in ihnen eingebundenen Tiere wurde besonders intensiv beim Haushuhn untersucht, weswegen sich der anschauliche Ausdruck Hackordnung als populäres Synonym für Rangordnung im Sprachgebrauch festgesetzt hat. Hackordnung bezeichnet heute aber eine in menschlichen und tierischen Gruppen beobachtbare, besondere Ausprägung des Sozialverhaltens: Wenn verbales oder tätliches aggressives Verhalten nicht verpönt und sonst ausgeschlossen ist, setzen kraftvolle, dominante Individuen ihre Überlegenheit gegenüber anderen Gruppenmitgliedern mehr oder weniger rücksichtslos durch.


    In einem gebe ich Dir Recht ( wie es auch schon in Wiki beschrieben ist , es ist eine Ausprägung des sozialverhaltens --------------aber ohne dies würde es ja keine Rangordnung geben-------------------oder sehe ich dies falsch ?


    Gruppenstruckturen bilden sich doch aus diesem Gefüge .


    MFG Jens

  • Hallo Jens,


    Ich hatte mir die entsprechenden Artikel in Papageien und in der Gefiederten Welt durchgelesen. Einige sind der Meinung das es solche ein " Sythem " nicht giebt.


    Ralf Wanker (Universität Hamburg) zur Frage danach, ob die Ausbildung von Rangordnungen lediglich eine Anpassung an das Zusammenleben von Papageien unter der Begrenztheit von Haltungssystemen darstellt: "Meiner Meinung nach können sich in menschlicher Obhut keine "Spezialanpassungen" von solch komplexer Struktur entwickeln, wenn die Tiere nicht die genetischen Anlagen dafür haben und somit dieses Verhalten in freier Wildbahn zu beobachten wäre."


    Zum Rangordnungsverhalten "in freier Wildbahn" findest Du in den von Dir erwähnten Artikeln genügend Literaturfundstellen.


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Stellt sich dies im eigentlichem Sinne für alle Papageienarten dar ? Wenn ja , wie.


    Rangordnungsverhalten ist nicht für alle Papageienarten in freier Wildbahn gleichermaßen dokumentiert. Als Faustregel kann gelten: Der Aufbau von Rangordnungen setzt das individuelle Kennen (der Tiere untereinander) voraus (= bei Arten zutreffend, die zumindest über lange Zeiten des Tages in überschaubaren Gruppen organisiert sind). Bei konstant und ausschließlich in großen Schwärmen anzutreffende Arten (zum Beispiel vielen Sittichen) ist ein individuelles Kennen nicht gewährleistet.


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Von den kakadus sind ja Wächtersysteme bekannt. Dies wird keinem
    Tier angeboren, ist eine solche Funktion als Wächter " ein
    höher gestelltes Tier " ?


    Gehen beispielsweise die Großen Gelbhaubenkakadus auf Nahrungssuche, so sind stets einige Exemplare als Wachposten an übersichtlichen Stellen platziert. Das gleiche Verhalten zeigen Bankskakadus. Die Rosakakadus, die nicht über ein solches Warnsystem verfügen, profitieren indirekt vom Wächtersystem der Gelbhaubenkakadus, indem sie sich oft in gemeinsamen Schwärmen mit diesen auf Nahrungssuche begeben. Die Formkonstanz dieses artspezifischen Verhaltens gibt Hinweise darauf, daß es sich dabei um genetisch veranlagte Verhaltensweisen handelt, die schon bei jedem Jungvogel vorhanden sind, aber zur Auslösung weiterer Faktoren bedürfen. Es fehlen verläßliche Angaben darüber, ob die Wächterfunktionen im Wechsel vorgenommen werden, sich auf männliche oder weibliche Tiere eingrenzen lassen, oder geschlechtsunabhängig wahrgenommen werden und welche zusätzlichen Eigenschaften bestimmte Exemplare für das Wächteramt qualifizieren.


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Wenn nicht ; wenn es täglich wechseln
    würde-------------wäre es ja keine Rangordnung, es sei denn
    das die Abfolge des Wächters immer gleich verläuft.


    S. o. / Ein Wächtersystem ist keine Randordnung. Dazu, welchen Einfluß die Ausübung eines "Wächteramtes" auf den Rang eines Exemplares evtl. haben könnte, existieren m. W. bisher keine (Er)Kenntnisse.



    Bei einigen wenigen Arten kann sich das "Zusammenbringen" stimulierend auf die Kopulations- und Brutbereitschaft auswirken. Von einem entsprechenden (erfolgreichen) Versuch ist in der "Gefiederte Welt" die Rede. Generell ist es so, daß die allermeisten Brutpaare während der Brut- und Aufzuchtphase sinnvoller Weise separiert, bzw. eine Voliere mit entsprechender optischer Abschirmung verfügbar gemacht werden sollte.



    Von Gattung zu Gattung und von Art zu Art können Form und Ausprägung der Rangordnungen erheblich variieren. Bei den Ara chloroptera der Hagenbeck-Gruppe werden Brutpaare nicht gänzlich aus der Gruppe genommen, sondern es stehen speziell abgeschirmte Bereiche (man beachte die immense Gehegegröße) zur Verfügung.



    Auch Karl Diefenbach, ein anerkannter "Spezialist" in Sachen Haltung und Zucht von Kakadus gibt in der angefragten Hinsicht nur vage Hinweise. "Während der Brutzeit verändert sich das Verhalten der meisten Kakaduarten. (...) es kommt zu einer Erweiterung des Individualraumes. Werden bestimmte Grenzen überschritten, so folgen aggressionsbetonte Handlungen. (...) Die Innenvolieren sind so zu konstruieren, daß zumindest die Hälfte der Trennwand zur Nachbarvoliere massiv ist, d. h. nicht von dort eingesehen werden kann. Störungen beim Brutgeschäft werden dadurch weitgehend verhindert. Eine totale Abtrennung der einzelnen Innenvolieren erhöht diesen Effekt(...)." Rosakakadus schienen (so auch Diefenbach) in Sachen "Störung" während der Brut nicht so sehr empfindlich zu sein wie andere Kakaduarten.


    Diefenbach, K. (1985): Kakadus - Systematik, Verhalten, Freileben, Arten, Haltung, Zucht, erschienen in der Reihe "Enzyklopädie der Papageien und Sittiche", Band 11, 2. Auflage, Horst Müller Verlag, Walsrode


    Gruß
    Heidrun

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  • Wenn ihr hier von "Rangordnung" redet, wüßte ich gern mal eure Definition einer Rangordnung.


    Nicht "wir hier" reden von "Rangordnung": In Anwendung auf die sozialen Organisationsstrukturen vieler Wirbeltiergesellschaften (so auch nicht weniger aus der Familie Aves) ist ein allgemein gebräuchlicher Terminus "rank orders" (Rangordnungen). Die "Rangordnung" beschreibt den sozialen Status eines Individuums innerhalb einer Gruppe von Individuen. Man spricht in diesen Zusammenhängen auch von "sozialer Rangordnung" (social hierarchy). Voraussetzung für den Aufbau stabiler Rangordnungsbeziehungen (dominance-subordination relationships) ist das individuelle Erkennen. Die Ethologie unterscheidet streng lineare und nicht-lineare Rangordnungen. Es sind auch Zwischenformen bekannt. Bei linearen Rangordnungen lassen sich die Positionen der einzelnen Tiere hintereinander einordnen. In den mittleren und unteren Regionen der Hierarchie sind oftmals auch "Dreiecksbeziehungen" zu beobachten; d. h. ein Tier ist gegenüber einem zweiten überlegen, das zweite gegenüber einem dritten, das dritte aber gegenüber dem ersten. In größeren Verbänden kommt es häufig zu sog. unvollständigen Rangordnungen. Meist sind die Spitzenpositionen klar abgrenzbar und die Basis ist nur schwach oder überhaupt nicht rangordnungsmäßig gegliedert.


    Zitat

    von Dagmar Heidebluth
    Worauf ich hinaus will: Sollte man bei Vögeln nicht statt von
    Rangordnung besser von Sozialgefüge sprechen? Ein
    Sozialgefüge, in dem jedes Tier seine besonderen Fähigkeiten
    (Erfahrung, Mut, Geschicklichkeit, Wachsamkeit, usw.) situationsbedingt
    einsetzt, so dass alle davon profitieren?


    Rangordnungen sind "nur" eine (mögliche) Komponente des Sozialverhaltens (social behaviour) innerhalb papageiischer Gruppierungen. Die Komplexität und Unterschiedlichkeit aller für die jeweiligen Arten dokumentierter sozialer Verhaltensweisen erfordert Ober- und Untergliederungen.


    Natürlich spielen individuelle Fähigkeiten und/oder individuelle Konstitution eine Rolle bei der (für) die "Stellung" (den "Rang") innerhalb sozialer Gruppierungen. Des weiteren sind sowohl innerhalb linearer als auch innerhalb nicht-linearer Ordnungssysteme bei Papageienvögeln Paarbindungen von Belang. Das weibliche Tier profitiert von der Stellung des männlichen Partners.


    Zitat

    von Dagmar Heidebluth
    Aber gibt es im ganzen Schwarm oder in der Untergruppe wirklich
    "Alphatiere" oder ändert sich das situationsbezogen, wer gerade
    den Anführer macht?


    Ja. Bei nicht wenigen Arten. Hierzu sind Freilandarbeiten, aber auch Haltungsbeobachtungen präsent.


    Um exemplarisch eine markante Arbeit wegen Verfügbarkeit von Rangordnungsstrukturen (in diesem Fall linearer Strukturen) bei Papageien zu benennen:


    Madison, J. (2005): Dominance hierarchy: Detailing the social behavior on the captive bred and Released Scarlet Macaws (Ara macao) at Tiskita Lodge, Punto Blanco, Tiskita Release Site


    Eine weitere (sehr ausführliche) Arbeit, die ebenfalls detailliert auf Rangordnungsstrukturen (im Freileben) Bezug nimmt:


    Pepper, J. W. (1996): The Behavioral Ecology of the Glossy Black Cockatoo Calyptorhynchus lathami halmaturinus, Chapter 5 (Social Behavior and Organization), Biology Department, University of Michigan


    Weinhold zur Struktur einer Amazonengruppe (Volierengruppe):


    Der Exaktheit halber im Original (und übersetzt):


    "Rank order: Within the aviary community there was a relative ranking, since the birds mostly acted in groups and the rank order was influenced by group rank."


    "Rangordnung: Es handelte sich innerhalb der Vogelgruppierung um eine relative Rangordnung, da die Vögel meist in Gruppen agierten und der Gruppenrang eine übergeordnete Rolle spielte."


    "Further the rank depended on se x." (Grund der Leerzeile bei dem Wort "se x" = Nachricht beim Absenden des Postings: Ihre Nachricht enthält folgende zensierte Wörter: "se x")


    "Der Rang war geschlechtsabhängig."


    "Old males were at the top of the hierarchy. Young males went in for fighting more then elder ones."


    "Alte Männchen standen an der Spitze der Hierarchie. Junge Männchen kämpften mehr als ältere."


    Weinhold, J. (1998): Analysis of the social behaviour of a community of Blue-fronted Amazona Amazona aestiva kept in an aviary, in: Parrot Biology, Vol. 2, Jun. 1998


    Ansonsten: Deine Beobachtungen zu den Wellensittichen halte ich für durchaus interessant und beachtenswert. Danke dafür.


    Gruß
    Heidrun

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  • (...) es ist eine Ausprägung des sozialverhaltens --------------aber ohne dies würde es ja keine Rangordnung geben-------------------oder sehe ich dies falsch ?


    Nein, Jens, das siehst Du vom Grundsatz her richtig. Die Ausbildung von Rangordnungen ist eine mögliche Variante sozialer Organisation. Ich bin zwar von "wikipedischen Informationen" generell nicht allzu begeistert, aber der Hinweis auf "pecking orders" (Hackordnungen) beim Haushuhn in der verlinkten "Info" ist (betrachtet man sich entsprechende Arbeiten) u. a. in Bezug auf die Erkennbarkeit von Individuen innerhalb einer Gemeinschaft ganz brauchbar. So hat J. Mench zum Beispiel nachweisen können, daß sich bis zu 100 Exemplare von selbigem gegenseitig erkennen können. Erstaunlich. Setzt man die Gehirnvolumina von Großpapageien in Relation zu denjenigen des Haushuhns, sollten sich daraus eigentlich ganz interessante Aspekte ergeben.


    Gruß
    Heidrun

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    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo ;


    @ Heidrun ; danke für die Erleuterungen---------------bis jetzt finde ich das Thema recht interessant ( Dagmars Beobachtungen natürlich auch ;) )


    MFG Jens