Informationen zur unterschiedlichen Verträglichkeit von Pflanzen (Pflanzenteilen)

  • Zitat

    Übrigens: Als giftig für Papageien wird von Gylstorff & Grimm (1987) u. a. auch der Kirschlorbeer angeführt.


    darauf hatte ich hier auch schon verwiesen. Soweit mir bekannt ist, gilt das Gleiche für Faulbaumbeeren und Elsbeeren. Hast Du noch nähere Informationen dazu?


    Danke für diese vielen Infos! Im Allgemeinen finde ich es schwer, wirklich fundierte Informationen über geeignete Pflanzennahrung zu bekommen, leider verfüge ich nicht über Deine Quellen. Ich hoffe also auf noch gaaaanz viele Beiträge!
    LG Dörnte

  • Hallo Heidrun ;


    Viele Informationen, vielen Dank ! :thumbup:


    Eine Frage habe ich vorerst zu Geophagie : Wieso nehmen die Pieper Lehm an einigen Tagen recht viel auf, und an anderen ( mehreren nacheinander ) wiederum gar nicx. Ich konnte dieses Verhalten bei meinen schon sehr oft beobachten.


    Du sagtest auch das die Tiere dies von den Adulten erlernt / weitergereicht bekommen haben. Wenn dem so wäre , müßten es allesammt nicht können ( Kakas/ Graue oder Aras ). Sie machen es aber :huh: .


    Kann es hierbei nicht möglich sein, das sie dieses Verhalten selbst ausprobieren ? So ungefähr : schwer bekömmliche Nahrung aufgenommen und durch zufällige Erdaufnahme stellte sich Linderung ein ?


    Was ich hier ausserdem beobachten konnte , und mir sehr seltsamm erscheint ( auf o.g. ) Warum stopfen die die Eltern die Kücken mit Lehm voll . Entgiftung kann doch hierbei keine Rolle spielen, sag ich jetz einfach mal so ?( . Mineralien ? Wenn ich noch an den Beitrag von Detlev in den VF denke is der Mineralehalt in diesem wohl gleich null,--------------oder doch nicht ?


    MFG Jens

  • Hi Jens,


    dem Buch "Graupapageien" von L. Lepperhoff ist zu entnehmen, dass er Populationen beobachtet hat, die in ihrem Gebiet keine Möglichkeit der Lehmaufnahme haben (Insel). Trotzdem sind die Geier gesund und munter. Es muss also insgesamt mit der Nahrungsaufnahme zu tun haben, ist aber wiederum nicht lebensnotwendig...

  • Hi Sven ;


    Es muss also insgesamt mit der Nahrungsaufnahme zu tun haben, ist aber wiederum nicht lebensnotwendig...
    Das isn interessanter Punkt. Warum fliegen die Pieper in Südamerika Lehmwände an ? Wenns keinen Sinn machen würde, würden sie dies ja nich tun---------------sach ich einfach mal so.


    MFG JENS

  • Teil 1


    Jens, Deine Fragen sind gut und berechtigt. Ich werde versuchen, die einzelnen (Frage-)Punkte so umfassend mir das (verlässlich) möglich ist, zu beantworten.


    Bei freilebenden Papageien: Die Nestlinge werden von den Eltern bis zum Zeitpunkt der eigenständigen Futteraufnahme mit Nahrung versorgt. Sind sie flügge, so nehmen sie an den Nahrungsflügen der Eltern teil und werden darüber hinaus noch eine Weile von den Eltern "beigefüttert". Sie sehen (und lernen) von den Eltern und Artgenossen, was gefressen wird (gefressen werden kann).


    Zusammenfassend (und wie schon beschrieben): Nahrungsverhalten ist bei Papageien (abgesehen von der Art, wie die Nahrung aufgenommen wird / Festhalten mit dem Fuß - es gibt sogar ausgemachte "Links- oder Rechtshänder" / Schnabeleinsatz etc.) erlernt und tradiert.


    Für geophages Verhalten (also das Aufnehmen von Erden) scheint im Freileben eine weitaus größere Sinnhaftigkeit zu bestehen, als dies unter Haltungsbedingungen der Fall ist. Weshalb? Nicht wenige der im Freileben zur Nahrungspalette vieler Papageienarten gehörigen Pflanzen verfügen über ein toxisches Potenzial. Es besteht also eine permanente Notwendigkeit zur Relativierung dieser pflanzenchemischen "Giftstoffe" zwecks unbeschadeter Aufnahme.


    Wie regelrecht "exzessiv" sich die Erdaufnahme dem Beobachter darbieten kann, beschrieb Thomas Arndt (1986) so: "Ein Paradebeispiel stellen die großen Aras dar. (...) Sie besuchen oft (...) die ausgewaschenen Steilufer der Flüsse, die in der Trockenzeit freiliegen. (...) Der Beobachter kann den Eindruck gewinnen, die großen Vögel seien geradezu süchtig nach der Erde."


    Nicht für alle Arten ist geophages Verhalten dokumentiert. Geophagie ist ganz offenkundig nur eine von mehreren Strategien zum unbeschadeten Umgang mit pflanzlichen Sekundärstoffen. Nicht-geophage Arten müssen auf andere Anpassungen an den Umgang mit toxischen Pflanzenstoffen "zurückgreifen". Diese endogenen (also im Vogel selbst "angelegten", inneren) Mechanismen habe ich (soweit möglich) schon erläutert. Die von Vögeln im Freileben verwendeten "Strategien" zur Detoxifikation dürften im Maynard Smith`schen Sinn* als "evolutionsstabile Strategien" (evolutionarily stable strategies, kurz: ESS) - oder besser "ESS-Mischstrategien" anzusehen sein, weil letztlich keine der verfügbaren Strategien eine andere verdrängt (hat) und jeder der Strategien einzeln oder gemeinsam zum Erfolg führen kann.


    *Wer sich für die sog. "spieltheoretischen Theorien" (hat im Prinzip nix mit "spielen" zu tun) von Maynard Smith interessiert:


    Maynard Smith, J. (1982): Evolution and the therory of games, Univ. Press, Cambridge / Maynard Smith, J. (1989): Evolutionary genetics, Univ. Press, Oxford


    Für geophages Verhalten mit dem Zweck der "Entgiftung" von toxischen Pflanzenstoffen besteht unter Haltungsbedingungen keine permanente Notwendigkeit, weil Halter/innen in der Regel ihren Schützlingen keine pflanzliche Nahrung mit dokumentiertem toxischem Potenzial anbieten. Das schließt natürlich nicht aus, daß in Menschenobhut angebotene pflanzliche Nahrung (je nach Art und Herkunft) graduell unterschiedlich mit beispielsweise Pestiziden, Fungiziden, Insektiziden etc. belastet sein kann. Doch das ist wieder ein anderes Thema.


    Zusammenfassend: Geophages Verhalten im Freileben = sinnvoll. Nicht alle Arten zeigen geophages Verhalten. Es sind auch andere Mechanismen existent. Für geophages Verhalten unter Haltungsbedingungen = keine aus "Entgiftungsgründen" ableitbare unabdingbare Notwendigkeit.


    Werden unter Haltungsbedingungen Lehme, Erden, Tonerden etc. angeboten, so werden sie von manchen Arten mehr oder weniger intensiv an- bzw. aufgenommen, wobei bei verschiedenen Exemplaren jeweils gleicher Arten in gleichen oder auch separaten Haltungssystemen durchaus unterschiedliche Akzeptanzen feststellbar sind. Die unterschiedlichen Aufnahmeintensitäten kann ich auch bei meinen Amazonen feststellen. Man/frau könnte tatsächlich den (subjektiven) Eindruck gewinnen, daß zuweilen eine "zweckvolle" Aufnahme erfolgt. Aber eine solche Annahme ist derzeit objektiv nicht begründ- und belegbar. Hier besteht sicherlich erweiterer Forschungsbedarf.


    Papageien nehmen unter Haltungsbedingungen je nach Art und Individualität viele angebotene "Dinge" zum Anlaß, sie zum Objekt des Betastens, Beknabberns etc. zu machen. Das müssen sie nicht erlernen. Das ist veranlagtes Verhalten. Auslösemechanismen für "Neugierverhalten" sind extrem unspezifisch.


    Wäre geophages Verhalten veranlagt (also qua Geburt vorhanden), so dürften es auch unter Haltungsbedingungen nur solche Arten zeigen, von denen es im Freileben dokumentiert wurde. Das ist aber nicht der Fall.


    Mein Vorschlag: Erden anbieten. Ein wie auch immer gearteter Schaden ist nicht zu befürchten. Im Gegenteil: Ich vermute (aber auch das is bisher nicht fundiert belegbar und insoweit Spekulation), daß durch die Aufnahme von Erden den von mir angesprochenen Belastungen (Stichworte: Pestizide, Insektizide, Fungizide, konservierende Stoffe) in dargereichter Nahrung entgegengewirkt werden könnte. Wenn man/frau bedenkt, daß die zur Haltbarmachung oder Abwehr von Schädlingen eingesetzten Mittel sich sowohl der organischen als auch der anorganischen Chemie bedienen und teilweise auf "Pflanzenchemie", oder der "Pflanzenchemie" synthetisch nachgebildeten Komponenten aufbauen, so verfügt meine Vermutung schon über eine gewisse Plausibilität. Allerdings müßte die relativierende oder detoxifizierende Wirkung von Erden (und hier natürlich auch für verschiedene Erden) um Gewissheit zu erlangen (tier)experimentell (und zwar im in-vitro-Versuch) für jeden einzelnen toxischen Stoff (oder zumindest Stoffgruppe) mit ausreichend großen Kontrollgruppen nachgewiesen werden; in etwa in der Art, wie es Gilardi et al. mit dem Alkaloid Chinidin getan haben. Versuchsreihen könnten hierzu zwar sicherlich Aufschluß geben, wären aber aus meiner Sicht zu diesem Zweck tierethisch nicht vertretbar.

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Teil 2


    Welche haltungsrelevaten Arten zeigen im Freileben geophages Verhalten?


    Nachstehendeine kleine (unvollständige) Auswahl (Anmerkung: Dokumentations-Quellen = auf die Schnelle und der Vereinfachung halber auch sekundäre):


    Amazona ochrocephala (Craig & Tebb, 2000; Bosch & Wedde, 1985)
    Amazona ochrocephala nattereri (Robiller, 1990)
    Amazona farinosa (Robiller, 1990)
    Ara macao (Hammer, 2001)
    Ara chloroptera (Burger & Gochfeld, 2003)
    Ara ararauna (Mee, 2005)
    Psittacus erithacus (May, 2002)
    Cacatua galerita (Symes & Marsden, 2003)


    Ich habe die Auswahl bewußt knapp gehalten, kann sie aber bei Interesse gerne erweitern.


    Beachtung verdient die Tatsache, daß Graupapageien (Psittacus erithacus) in verschiedenen Vorkommensregionen geophages Verhalten zeigen, in anderen Vorkommensgebieten jedoch nicht. May (2002) konnte im Kongobecken - Bolou Bai (Lobeke National Park, Kamerun) - Schwärme von 800 und mehr Graupapageien beobachten, die dort Erde aufnahmen. Ein solches Verhalten war trotz intensiver Nachforschungen bei Graupapageien in Principe (Juste, 1996), Ghana (Dändliker, 1992), Nigeria und Südwest-Kamerun (McGowan, 2001) nicht feststellbar. Diese regionalen Unterschiedlichkeiten einer markanten Verhaltensweise innerhalb der gleichen Art sind bemerkenswert, entziehen sich jedoch (vorerst) abgesicherten Erklärungen.


    Folgt man der (nicht gänzlich unumstrittenen) Modellvorstellung des optimalen Nahrungserwerbs (optimal foraging theory), die davon ausgeht, daß die natürliche Selektion Tiere begünstigt, die mit geringem Aufwand einen relativ hohen Energiegewinn durch die Nahrungsaufnahme erzielen (Schaefer,
    1992; Pyke, 1984), so könnte man vielleicht die Hypothese in Erwägung ziehen, daß in Regionen, in denen Graupapageien kein geophages Verhalten zeigen, der energetische Aufwand zur Detoxifikation aufgenommener toxischer Nahrungsbestandteile durch Erdaufnahme unverhältnismäßig hoch sein könnte. Ein unverhältnismäßig hoher Aufwand könnte eventuell dadurch entstehen, daß geeignete Erdaufnahmestellen weite Flüge erfordern. Allerdings bewegen sich solche Annahmen in einem sehr spekulativen Bereich.


    Die mehrfach vermutete "Gritfunktion" (Magensteinfunktion) aufgenommener Erden trifft wohl wegen der dafür zu feinkörnigen Zusammensetzung der Erden an den meistdokumentierten Aufnahmestellen nicht zu (so auch Brightsmith, 2004). Mahaney & Krishnamani (2003) haben die bevorzugten Erdaufnahmestellen für verschiedene Tierarten analysiert. Das Ergebnis: Die Mehrzahl der genutzten Aufnahmestellen zeichnet sich durch hohe Tonanteile und feinkörnige Sande aus. Oft bestehen die genutzten Erden aus einem Ton-Lehm-Sand-Gemenge mit 27 - 40 % Tonanteil.


    Eine weitere Vermutung ist die, daß die vermehrte Erdaufnahme zur Brut- und Aufzuchtzeit zusätzlich der besseren Calciumversorgung zwecks Eibildung
    und Versorgung der Nestlinge dienlich sein könnte. Laut Föger & Pegaro (2004) und Perrins (1979) sichert beispielsweise die heimische Blaumeise die Calciumzufuhr für die Nestlinge durch Aufnahme mineralischer Erden und Schneckenschalen.


    Zusammenfassend:


    Vermutung Gritfunktion = ziemlich unwahrscheinlich


    Vermutung zusätzliche Calciumversorgung während Brut und Aufzucht = vom Calciumgehalt der jeweiligen Aufnahmestelle abhängig, nicht unplausibel


    Im Posting angegebene Quellen:


    Arndt,

    T. (1986): Papageien – ihr Leben in Freiheit, Horst Müller Verlag, Walsrode


    Bosch,K. & U. Wedde (1995): Amazonen, Band 2, Horst Müller Verlag, Walsrode


    Brightsmith,
    D. (2004): Effects of Diet, Migration, and Breeding on Clay Lick Use by
    Parrots in Southeastern Peru, American Federation of
    Aviculture,Symposium, Aug. 2004


    Burger,J. & M.
    Gochfeld (2003): Parrot behavior at a Rio Manu (Peru)clay lick:
    temporal patterns, associations, and antipredator responses, Springer, Berlin-Heidelberg


    Craig,
    M. & G. Tebb (2000): Reisebericht zu einer Exkursion im Manu-Nationalpark (Peru), Juli/Aug. 2000


    Dändliker,G.
    (1992): The Grey Parrot in Ghana: a population survey, acontribution to
    the biology of the species, a study of its commercial

    exploitation and management recommendations, Unpublished report on CITES project, 30


    Hammer,M.
    L. A. (2001): Parrot colpa and geophagy behaviour from the El
    Gatoregion of the Tambopata-Candamo Reserved Zone, Amazonia, Peru, IBIS

    141: 377-390


    Juste,J.
    B. (1996): Trade in the Grey Parrot, Psittacus erithacus, on theIsland
    of Principe (Sao Tome, Central Africa), Biological Conservation 76: 101 ff


    Mahaney,
    W. C. & R. Krishnamani (2003): Understanding geophagy in animals:
    Standard procedures for sampling soils, Journal of Chemical Ecology,
    Vol. 29, No. 7, July 2003


    May,D. (2002): Freilebende Graupapageien im Kongo-Becken, in: Papageien 9/2002, Arndt Verlag, Bretten, 312


    McGowan,
    P.
    (2001): Status, management and conservation of the African Grey Parrot
    Psittacus erithacus in Nigeria, Unpublished Report to CITES


    Mee,A.
    R. Denny, K. Fairclough, D.M. Pullan & W. Boyd-Wallis
    (2005):Observations of Parrots at a Geophagy Site in Bolivia, Biota Neotropica, Vol. 5, No. 2


    Pyke, H. (1984): Optimal foraging theory: a critical review, Ann. Rev. Ecol. Syst.15: 523-575


    Robiller, F. (1990): Papageien, Band 3, Mittel- u. Südamerika, Dt. Landwirtschaftsverlag, Berlin, Eugen Ulmer, Stuttgart


    Schaefer,
    M. (1992): Ökologie, Gustav Fischer Verlag, Jena


    Symes& Marsden (2003): Geophagie und Papageien in Papaua Neuguinea und in New York, PsittaScene, Vol. 15, No. 3


    Gruß

    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo Dörnte,


    Deine Anmerkungen zum Kirschlorbeer müssen aber dahingehend relativiert werden, daß selbiger eben nicht bei allen (Vogel-)Arten eine Giftwirkung entfaltet. Schau mal in meine entsprechenden Postings und die verlinkte Tabelle. Mit Faulbaum & Co. waren wir bisher noch nicht befaßt. Kann ja noch kommen ;) .


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
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  • Wahrscheinlich werdet Ihr Euch wundern, daß ich "scharf" nicht bei den Geschmacksrichtungen aufgeführt habe. Das hat einen Grund. "Scharf" gilt nicht als Geschmacksrichtung, sondern (hier wird wahrscheinlich wieder Verwunderung vorherrschen) als "Schmerzempfindung". Diese Empfindung wird durch Capsaicin ausgelöst. Capsaicin bindet sich an die Wäremrezeptoren. Diese werden ansonsten nur aktiv, wenn etwas zu heißes aufgenommen wird. Umgekehrt: Zum Beispiel Minze (das ist wohl allen bekannt) aktiviert die Kälterezeptoren. Nur Säugetiere haben ein Schärfeempfinden. Vögel bemerken von Schärfe nichts.

    Was wir beim Genuß von Chilischoten als "brennend" (oder "feurig") empfinden hat also nichts mit einer Stimulation der Geschmacksnerven zu tun, sondern ist eine Reaktion der Wärmerezeptoren. Eine derartige Reaktion auf den Genuß von beispielsweise Chilis findet bei unseren Gefiederten schlicht nicht statt. Das macht erklärlich, warum sie sich derart "feurige" Früchte einverleiben, ohne mit der sprichwörtlichen Wimper zu zucken. Habt ihr schon mal die kleinen schwarzen Papaya-Kerne probiert? Auch die sind in obiger Hinsicht "nicht ohne", werden aber von meinen Amazonen geradezu gierig herausgepickt. Übrigens: Die Kerne können völlig unbedenklich (mit dem Fruchtfleisch) verfüttert werden. Das darin enthaltene Papain ist den Gefiederten außerdem ganz zuträglich.


    Neben Capsaicin (das Wort stammt übrigens aus dem Griechischen und heißt übersetzt in etwa: "Ich beiße") doggen u. a. auch Piperin (in Pfeffer), Allicin (in Knoblauch), Gingerol (in Ingwer) und Senföle (in Meerrettich) an die Schmerz- bzw. Hitzerezeptoren an. Bezeichnender Weise kommt man beim Genuß derartiger Speisen häufig in`s Schwitzen.


    "Capsaicin erzeugt ein Schmerzsignal, das dem Gehirn kritisch hohe Temperaturen im Mund meldet. Das ist eine geniale Massnahme der Capsicum-Pflanzen: Die Tiere glauben, sie verbrennen sich das Maul, wenn sie in eine solche Pflanze beissen. Aus noch unerklärten Gründen trifft das nicht für Vögel zu, welche die Samen verbreiten."


    P. Bützer (siehe obiges Zitat aus verlinkter Website ) kann bei der Suche nach Gründen (so glaube ich) ein wenig geholfen werden. So macht es auch und gerade unter dem Gesichtspunkt, daß die Ausbreitung von Samen sehr oft von früchteverzehrenden Vögeln "übernommen" wird (und nicht etwa von umherstreunenden Säugern) absoluten Sinn, daß selbige (im Gegensatz zu den Säugern) von der "Feurigkeit" nicht abgeschreckt werden.


    Ich denke, daß so allmählich klar wird, wie vielschichtig nicht nur das Thema "Ernährung der Psittaziden" ist und wie wenig nutzbringend oberflächliche Betrachtungsweisen sind.


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
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  • Hallo Heidrun ;


    Danke für die Erklärung ( Aufnahme von Erden ), find ich gut--------------------kann man wenigstens mal Nachschlagen, falls mal etwas in vergessenheit gerät. :thumbup:


    MFG Jens

  • In einem anderen Forum wird (einmal mehr) von bestimmter Seite die Gefahr von Vergiftungen durch pflanzliche Inhaltsstoffe (respektive: das Vorkommen von Vergiftungen durch pflanzliche Stoffe) bei Psittaziden "heruntergespielt". Es wird u. a. auf die ganz geringen Fallzahlen (von beispielsweise Vergiftungsfällen nach Aufnahme von Avocado = 7) in Australien und auf die unbeschadete Aufnahme von beispielsweise Robinie und Eibe durch einige Arten hingewiesen.


    1.
    Zu den geringen Fallzahlen:


    Derartige Statistiken sind wenig aussagekräftig, weil


    a) weder in Australien noch anderweitig eine zentrale Erfassung nebst Melderegister von Vergiftungsfällen bei Vögeln in Menschenobhut existiert,


    b) meist nur von Kliniken tierärztlicher Hochschulen (also "Großeinrichtungen") anlaßbedingte (Eigen)-Dokumentationen zu erwarten sind und gelegentlich getätigt werden, die lediglich einen ganz kleinen Ausschnitt der Realitäten abbilden (können),


    c) Vorstellungen (und Behandlungen) von Vögeln mit Vergiftungserscheinungen oder Symptomen unbekannter Genese ganz überwiegend in angestammten Kleintierpraxen erfolgen,


    d) Vergiftungen nicht ausschließlich akut und letal, sondern je nach aufgenommener Menge und Art chronisch verlaufen (können) und nicht zwangsläufig als solche erkannt werden. Zur Schwierigkeit des Abgrenzens und Erkennens: "Die Symptomatik nach Aufnahme (...) toxischer Substanzen ist sehr variabel, meist kommt es zu einer Störung des Nervensystems, des Respirations- und Verdauungstraktes, der Nieren sowie teilweise der Blutbildung."(Pees et al. (2004): Leitsymptome bei Papageien und Sittichen - Diagnostischer Leitfaden und Therapie, Enke Verlag, Stuttgart, S. 102),


    e) bei weitem nicht alle Tiere mit Vergiftungserscheinungen in Praxen vorgestellt werden,


    f) bei Vergiftungen mit kurzfristig tödlichem Ausgang die betreffenden Tiere gar nicht erst in Praxen gelangen.


    Nur bei Existenz eines penibel und zuverlässig geführten zentralen Melderegisters (wo Mitteilungen über in Tierarztpraxen und universitären Tierkliniken vorgestellte Vögel mit durch pflanzliche Stoffe verursachten Vergiftungssymptomen "einlaufen" und detailliert ausgewertet werden) wären verläßliche Datensätze mit Aussagewert zu erhalten.


    2.
    Zur "Verträglichkeit" von Robinie und Eibe:


    Daraus, daß von einigen Arten sekundäre toxische Pflanzenstoffe von Robinie und Eibe unbestritten vertragen werden (mögliche Mechanismen habe ich in den vorhergehenden Postings in Ansätzen erläutert), auf eine generell hohe Verträglichkeit von giftigen Komponenten in Pflanzen (oder für Robinie und Eibe selbst) für andere Arten rückzuschließen, ist leichtfertig, weil durchaus bekannt ist, daß die Organismen verschiedener Arten mit verschiedenen Giftstoffen verschieden "umgehen".


    Man muß nicht übertrieben vorsichtig sein. Man sollte angemessen vorsichtig sein. Die von mir im ersten Abschnitt dieses Postings angesprochenen Ausführungen (Anmerkung: weitere Ausführungen ähnlicher Art sind in dem betreffenden Forum auch anderweitig zu finden) könnten m. E. durchaus zu leichtfertigem Handeln anregen.


    Daher meine Bitte: Laßt Euch nicht von derartigen Beiträgen beeinflussen. Denkt und lest selbst nach. Wägt die "Argumente" genau ab. Keine Fütterungsexperimente mit ungewissem Ausgang unternehmen.


    Gruß
    Heidrun







    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Weiter im eigentlichen Thema in diesem Forum:


    Verursachen pflanzliche Sekundärstoffe nur einen Entgiftungsaufwand für Papageien, oder können sie auch nützlich sein?


    Pflanzliche Sekundärstoffe verfügen neben der oft vorhandenen Toxizität in vielen Fällen über positive Wirkmechanismen. Sie schützen de Pflanzen zusätzlich gegen schädigende Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze), die auch für Papageien ein Problem darstellen (können) und nicht auf den Befall von Pflanzen spezialisiert sind. Diese Funktion ist durch zahlreiche Arbeiten belegt (u. a. Cowan, 1999). Zu den antimikrobiellen Verbindungen pflanzlicher Sekundärstoffe gehören u. a. die pflanzlichen Phenole wie insbesondere die Lignine und Tannine (Grisebach, 1981). Zu den konstitutiven Abwehrtoxinen zählen beispielsweise Saponine, Glucosinolate und Glycoside (Osbourne, 1996). Abwehrmetabolitische Effekte sind des weiteren für die Phytolexine
    (dazu gehören Isoflavonoide wie: Pisatin, Medicarpin, Kieviton), für die Terpene (u. a. Rishitin, Phytuberin), Polyacetylene (u. a. Falcariniol, Wyeronsäure) und verschiedene Alkaloide (u. a. Sanguinarin, Chelerythrin) dokumentiert (Oßwald, 1995). Aus den Samen der von den "Stuttgarter Amazonen" genutzten Robinie (Robinia pseudoacacia) wurde ein Peptid isoliert, welches sich gegen sieben Bakterien (Corynebacterium michiganense, Staphylococcus aureus, Bacillus sbtilis, Erwinia carotovora subsp. carotovora, Pseudomonas syringae pv syringae, Xanthomonas campestris pv campestris, Escherichia coli) wirksam erwies (Talas-Ogras, 2005). Davon sind zumindest zwei (Staphylococcus aureus, Escherichia coli) als für Papageien (unter
    Haltungsbedingungen) relevant anzusehen. Als antifungal (wirksam gegen Pilzbefall) sind u. a. die Saponine zu benennen, die in vielen von Papageien genutzten Pflanzen aus der Familie der Leguminosae (Hülsenfrüchte) enthalten sind. Im Tierversuch konnte durch orale Saponingabe die vorherige Infektion mit Hefepilzen (Candida albicans) - Anmerkung: Nicht selten sind Schnabelhöhle und Trachea von Papageien unter Haltungsbedingungen von Hefepilzen befallen (vgl. Pees et al., 2004) - erfolgreich therapiert werden.


    Zahlt sich der energetische Aufwand zur "Entgiftung" sekundärer Pflanzenstoffe aus?


    Beispiel: Acacia farnesiana


    Von u. a. mindestens 3 Amazonenarten ist dokumentiert, daß Akaziensamen zu ihrer Freilandnahrung zählen. Davon nutzen 2 Arten (Amazona finschi, Amazona oratrix) die toxischen Samen von Acacia farnesiana, eine weitere Art (Amazona leucocephala bahamensis) nutzt die Samen von Acacia chloriophylla. Acacia farnesiana enthält ein bisher nicht spezifiziertes Alkaloid, das in Brasilien zur Vergiftung verwilderter Hunde zum Einsatz kommt (Morton, 1981) und Tannin. Die unbeschadete Aufnahme der Samen setzt also eine Detoxifikation mit entsprechendem energetischem Detoxifikationsaufwand voraus. Unterzieht man den "Nährwert" von Akaziensamen einer näheren Betrachtung und setzt ihn ins Verhältnis zu dem (bisher nicht näher untersuchten und/oder bezifferten) Detoxifikationsaufwand, wird trotzdem schon deutlich, daß der energetische Zugewinn selbst bei Annahme eines recht hohen Detoxifikationsaufwandes beträchtlich sein könnte. Brand & Maggiore (1992) und Low (1989) haben den Nährwert der Samen verschiedener Akazienarten analysiert. Ergebnisse: Energie (Kilo-Loule) = 1513, Wasser (g) = 11,2, Protein (g) = 26,8, Fett (g) = 6,3, Kohlehydrate (g) = 49,0, Natrium (mg) = 83,6, Kalium (mg) = 220,8, Kalzium (mg) = 88,3. Die Werte entsprechen in etwa den Durchschnittswerten der Samen aller analysierten Akazienarten.


    U. W. sind keine Arbeiten zum energetischen Entgiftungsaufwand von Papageien im Hinblick auf verschiedene Pflanzentoxine verfügbar. Nimmt man den energetischen Aufwand des in dieser Hinsicht gut untersuchten Waldhuhns (Bonasa umbellus) zur Detoxifikation der in dessen Nahrungsspektrum vorkommenden (toxischen) Pflanze Populus tremuloides als ungefähren Anhaltspunkt, was natürlich nicht 1:1 übertragbar ist, (Anmerkung: 10 % der körpereigenen Energie sind zur Metabolisierung notwendig - Jakubas et al., 1989 -), so ist bei einem weit geringeren Nährwert von Populus tremuloides im Verhältnis zu Akaziensamen trotzdem anzunehmen, daß der energetische Zugewinn den Entgiftungsaufwand erheblich übersteigt.


    Bezieht man in die Kosten-Nutzen-Rechnung zudem die in Samen von Acacia spp. in hohen Anteilen verfügbaren essentiellen Aminosäuren, die von Papageien (und auch anderen Vögeln) nur über die Nahrung bezogen werden können, mit ein, wird ein weiterer Vorteil erkennbar.


    Essentielle Aminosäuren in Akazien-Samen (van Etten et al., 1967) jeweils in der Einheit g/100g:


    Methionin (0,9), Arginin (9,2), Histidin (2,3), Phenylalanin (3,5), Alanin (4,3), Valin (3,9), Prolin (5,1), Serin (4,1), Thronin (2,5)



    Literaturquellen:


    Brand, J.C. & P. Maggiore (1992): The nutritional composition of Australian Acacia seeds, in A.P.N.House & C.E.Harwood (eds), Australian Dry-zone Acacias for Human Food, 54-67. Australian Tree Seed Centre, CSIRO Division of Forestry, Canberra


    Cowan,M. M. (1999): Plant Products as Antimicrobiel Agents, Clinical Microbiology Reviews, Oct. 1999, Vol. 12, No. 4, 564-582


    Grisebach, H. (1981): Lignins, in: EE Conn (ed), The Biochemistry of Plants, Vol 7, Academic Press, New York, 457-478 Jakubas, W.J., G.W. Guillion & T.P. Clausen (1989) Ruffed grouse feeding behavior and its relationship to secondary metabolites of quaking aspen flower buds, J. Chem. Ecol. 15: 1899-1917


    Low, T. (1989): Wild Food Plants of Australia, Angus and Robertson


    Morton, J. F. (1981): Atlas of medicinal plants of middle America Bahamas to Yucatan, C.C. Thomas, Springfield, IL.


    Osbourne, A.(1996): Saponins and plant defense – a soap story, Trends in Plant Science 1: 4-9


    Oßwald, W. (1995): Vorgeformte und induzierte Abwehrmechanismen aus Wirtspflanzen, in: Schadwirkungen auf Pflanzen, Hock, B.E.F. Elstner
    (Hrsg.), Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 315-319


    Pees,M. (Hrsg.), C. Christen, M. Lierz, G. Stelzer & J. Straub (2004):Leitsymptome bei Papageien und Sittichen – Diagnostischer Leitfaden und Therapie, Enke Verlag, Stuttgart, 22


    Talas-Ogras, T., Z. Ipekri, K. Bajrovic & N. Gozukirmizi (2005): Antibacterial activity of seed proteins of Robinia pseudoacacia, Fitoterapia 2005, Jan., 76 (1): 67-72


    VanEtten, C.H., W.F. Kwolek, J. E. Peters, . & A. S. Barclay, (1967): "Plant seeds as protein sources for foodor feed. Evaluation as based on amino acid composition of 379species." Journal of Agricultural and Food Chemistry 15 (6):1077-1089

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Danke für die Erklärung ( Aufnahme von Erden ), find ich gut--------------------kann man wenigstens mal Nachschlagen, falls mal etwas in vergessenheit gerät. :thumbup:

    Weiteres zum "Nachschlagen" ;) :


    Das Nahrungsspektrum und Nahrungsverhalten von Amazona finschi wurde mittels Freilandbeobachtungen einer ziemlich ausführlichen Analyse unterzogen (Renton, 2001). 36 Pflanzenarten aus 15 Pflanzenfamilien werden von Amazona finschi genutzt. Allein die Befassung mit den Bestandteilen der Freilandnahrung dieser einzigen Art, den Inhaltsstoffen und sekundären Pflanzenstoffen sowie deren möglichem Nutzen oder Schaden stellt einen Riesenaufwand dar. Zur Verdeutlichung der Komplexität der Gesamtthematik habe ich Euch mal nachstehend die betreffenden Nahrungspflanzen mit Zuordnung der Pflanzenfamilie (und wo schon von uns ermittelt) die sekundären Pflanzenstoffe der jeweiligen Pflanze gelistet. Die Reihenfolge ist: Pflanzenspezies, Pflanzenfamilie, davon genutzte Teile, enthaltene Sekundärstoffe.


    Freilandpflanzen der Blaukappenamazone (Amazona finschi):


    Brosimum alicastrum, Moraceae, Samen und Früchte, Cycloartenol, Sterol


    Comocladia engleriana, Anacardiaceae, unreife Samen, Resin, Tannin


    Spondius purpurea, Anacardiaceae, Samen, (...)


    Caesalpina eriostachys, Leguminosae, unreife Samen, Diterpene, Dibenzoate


    Ficus cotinifolia, Moraceae, Früchte, (…)


    Astronium graveolens, Anacardiaceae, unreife Samen, Deoxyflavonoide


    Guarea glabra, Meliaceae, reife Samen, (…)


    Ficus spp., Moraceae, Früchte, (...)


    Sciadodendron excelsum, Araliaceae, reife Früchte, (...)


    Celaenodendron mexicanum, Euphorbiaceae, unreife Samen, Triterpene, Flavonoide


    Crataeva tapia, Capparidaceae, unreife Samen, (...)


    Jatropha spp., Euphorbiaceae, unreife Samen, Diterpenoide


    Caesalpina spp., Leguminosae, unreife Samen, Diterpene, Dibenzoate


    Acacia spp., Leguminosae, unreife Samen, nicht spezifizierte Alkaloide, Tannin


    Esenbeckia nesiotica, Rutaceae, unreife Samen, (...)


    Lysiloma microphyllum, Leguminosae, unreife Samen, (…)


    Pithecellobium spp., Leguminosae, Samen und Früchte, Flavonoide, Triterpene, Saponin


    Plumeria rubra, Apocynaceae, unreife Samen, (...)


    Jatropha standleyi, Euphorbiaceae, unreife Samen, Hydrobromide


    Jatropha malacophylla, Euphorbiaceae, unreife Samen, Hydrobromide


    Caesalpina pilcherrima, Leguminosae, unreife Samen, Di terpene, Dibenzoate


    Ceiba aesulifolia, Bombacaceae, reife Samen, (…)


    Bromelia spp., Bromeliaceae, verholzte Teile, (…)


    Burserea spp., Burseraceae, reife Samen, (…)


    Sebastiana spp., Euphorbiaceae, Samen, (…)


    Guapira macrocarpa, Nyctaginaceae, Früchte, (…)


    Acacia farnesiana, Leguminosae, unreife Samen, nicht spezifizierte Alcaloide, Tannin


    Bauhinia ungulata, Leguminosae, unreife Samen, Resin


    Caesalpina eriostachys, Leguminosae, unreife Samen, Di terpene, Dibenzoate


    Erytrina lanata, Leguminosae, unreife Samen, mehrere Alcaloide (4)


    Pithecellobium dulce, Leguminosae, Samen und Früchte, Flavonoide, Triterpene, Saponin


    Pithecellobiumlanceolatum, Leguminosae, unreife Samen, Flavonoide, Triterpene, Saponin


    Ficus insipida, Moraceae, Früchte, (...)


    Sideroxylon capiri, Sapotaceae, unreife Samen, (...)


    Und aus dem “tierischen Bereich”:


    A. graveolens, Homoptera, Blattgallen / Hautflüglerlarven


    Quelle: Renton, K. (2001): Liliac-crowned Parrot diet and food resource availability: Resource trecking by a parrot seed predator, The Condor 103: 62-69



    Sind ALLES ziemlich andere "Nahrungsmittel" als diejenigen in der Fertigfuttermischung, oder die Früchtchen, welche wir anbieten können.


    Einige ausgewählte Arbeiten zu sekundären Pflanzenstoffen in den Nahrungspflanzen von Amazona finschi:


    Aderibigbe,A. O., C. O. L. E. Johnson, et al. (1997):Chemical composition and effect of heat on organic matter- andnitrogen-degradability and some antinutritional components ofJatropha meal. Animal Feed Science and Technology 67(2-3): 223-243.{a} Inst. Animal Production Tropics Subtropics, Univ. Hohneheim, D-70593 Stuttgart


    Pletsch, M. & B. V. Charlwood (1997): Accumulation of diterpenoids in cell and root-organ cultures of Jatropha species. Journal of Plant Physiology 150(1-2): 37-45. {a} Lab. Biotecnologia Produtos Naturais, Dep. Quimica, Univ. Federal Alagoas, Campus Univ., 57072-9070 Maceio-AL, Brazil


    Makkar, H. P. S. & K. Becker (1999): Plant toxins and detoxification methods to improve feed quality of tropical seeds. Asian Australasian Journal of Animal Sciences 12(3): 467-480. {a} Institute for Animal Production in the Tropics and Subtropics (480), University of Hohenheim, Stuttgart


    Rug, M. & A. Ruppel (2000): Toxic activities of the plant Jatropha curcas against intermediate snail hosts and larvae of schistosomes. Tropical Medicine and International Health. [print] June 5(6): 423-430. {a} Department of Biochemistry, La Trobe University, Bundoora, VIC, 3083, Australia


    von Reis Altschul, S. (1973): Drugs and Foods from Little-Known Plants, Notes in Harvard University Herbaria, Cambridge, Ma: Harvard University Press


    McPherson, D.D., C.T. Che, et al. (1986): Diterpenoids from Caesalpinia pulcherrima. Phytochemistry 25(1): 167-170.


    Patil, A. D., A. J. Freyer, et al. (1997): Pulcherrimins A-D, novel diterpene dibenzoates from Caesalpinia pulcherrima with selective activity against DNA repair-deficient yeast mutants. Tetrahedron 53(5): 1583-1592. {a} Dep. Biomolecular Discovery, Analytical Sciences Physical and Structural Chemistry,
    SmithKline Beecham Pharmaceuticals, R and D, 709 Swedeland Road, King
    of Prussia, PA 19406-0939, USA


    Soto, H. M. & A. H. Jackson (1994): Erythrina alkaloids: Isolation and characterisation of alkaloids from seven Erythrina species. Planta Medica 60(2): 175-177. {a} Centro Botanica, Colegio Postgraduados, Chapingo, Mexico 56230, Mexico


    Saxena, V. K. & M. Singhal (1999): Novel prenylated flavonoid from stem of Pithecellobium dulce. Fitoterapia . Feb. 70(1): 98-100. {a} Idgah Hills, 2 Judge Colony, Bhopal, 462 001, India


    Sahu, N. P. & S. B. Mahato (1994): Anti-inflammatory triterpene saponins of Pithecellobium dulce: Characterization of an echinocystic acids bisdesmoside. Phytochemistry Oxford 37(5): 1425-1427. {a} Indian Inst. Chemical Biol., 4 Raja S. C. Mullick Rd., Jadavpur, Calcutta 700032, India


    Young D. A. (1976): Flavonoid Chemistry and the Phylogenetic Relationships of the Julianiaceae ,Systematic Botany, Vol. 1, No. 2 (Summer, 1976), 149-162


    Stirpe, F., A. Pession-Brizzi, E.Lorenzoni, P. Strocci, L. Montanaro & S. Sperti (1976): Studieson the Proteins from Seeds of Croton tiglium and of Jatropha curcas, Biochem. J. 156: 1 – 6


    Camacho M.R, R. Mata , P. Castaneda , G.C. Kirby , D.C. Warhurst , S.L. Croft& J.D.Phillipson (2000): Bioactive compounds from Celaenodendron

    mexicanum. Journal Planta Med 2000, Jun. 66(5): 463-468.

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Verbesserung der körpereigenen Abwehr und Schutz vor Infektionen und Pilzen durch Aufnahme sekundärer Pflanzenstoffe?


    Die Detoxifikation erfordert unabhängig davon, ob sie durch körpereigene (endogene) Prozesse und/oder durch beispielsweise die Aufnahme von Erden (oder andere Mechanismen) bewerkstelligt wird, einen nicht unerheblichen energetischen Aufwand. Sorensen et al. (2005) haben den energetischen Aufwand am Beispiel pflanzenfressender Säuger (darunter Spezialisten und Generalisten) dargestellt (Sorenson et al., 2005). Grundsätzlich ist dies bei Papageien nicht anders.


    Wenn Pflanzenbestandteile mit toxischer Qualität zum Nahrungsspektrum von Papageien gehören, so muß der zur Detoxifikation notwendige energetische Aufwand sich "lohnen"; d. h. er muß in einem angemessenen und für die Exemplare der jeweiligen Art "sinnvollen" Verhältnis zu einem energetischen (oder sonstigen) "Gewinn" (Nutzen) stehen. Der "Zugewinn" muß den energetischen Aufwand (Kosten) der Detoxifikation neutralisieren oder übersteigen. Dearing et al. (2005) beschreiben dies generalisierend so: "If animals can reduce the dose of toxins consumed through food storage, they may save significant quantities of energy that would be lost during detoxification". Ob (und wie weitgehend) ein energetischer Zugewinn oder lediglich ein energetischer "Ausgleich" durch die Aufnahme von Pflanzen/Pflanzenteilen, die einen Energieverlust durch notwendige Detoxifikation bedingen möglich ist, hängt u. a. vom Energiegehalt (Nährwert) der jeweiligen Pflanze ab. Der "Gewinn" muß jedoch nicht (ausschließlich) energetischer Natur sein, sondern kann (wie oben ausgeführt) in einem u. U. durch sekundäre Pflanzenstoffe verbesserten System der körpereigenen Abwehr (u. a. gg. sog. "Freie Radikale") bestehen. Dazu Dearing et al. (2005): " Second, ingestion of lower doses may reduce the likelihood of the formation of toxic intermediate metabolites or free radicals."


    Beispielhaft nachstehend einige ausgewählte Nahrungspflanzen von Amazonen mit anitbakteriell und/oder anitviral und/oder antifungal (gg. Pilze) wirkenden Sekundärstoffen (Reihenfolge der Aufzählung: Pflanzenart, Pflanzenfamilie, genutzt von, in der Pflanze enthaltene antibakterielle/antivirale/antifungale Stoffe):


    Trichostigma octandrum, Phytolaccaceae, Amazona finschi, Pytolaccin (Alkaloid), Phytolaccatoxin (resin)


    Rhizophora mucronata (a), Rhizophoraceae, Amazona versicolor, Tannin, Lignan, Resin, Rhizophorin, Diterpenoide


    Melia azedarach, Meliaceae, Amazona aestiva, A. autumnalis, Tetranortriterpene, Saponine


    Hymenaea courbaril, Leguminosae, Amazona ochrocephala auropalliata, Oligo-Saccharide, Naphtalene, Caryopyllene, Astilbin


    Omosia monosperma (b), Leguminosae, Amazona imperialis, A. arausiaca, 10 verschiedene Isoflavonoide (u.a. Omosidin)


    Solanum torvum, Solanaceae, Amazona vittata, verschiedene Alcaloide


    Hamelia patens, Rubiaceae, Amazona vittata, Ephedrin, Rutinoside


    Byrsonimacrassifolia (c), Malpighiaceae, Amazona albifrons,Phenatroindolazidine,Ethylacetate, Ethylbutanoate, Ethylhexanoate, Carboxylsäure,

    Sitosterol, Betulin, Catechin, Quercetin


    Virola spp., Myristicaceae, Amazona autumnalis, Tryptamine, verschiedene Alkaloide, Flavonoide


    Pinus caribaea, Pinaceae, Amazona leucocephala, Tannin


    (a)
    antibakterielle Effekte gg. Staphylococcus aureus, Klebsiela pneumoni,, Escherichia coli


    (b)
    Wirkungen gg. Streptococcus mutans, Prophyromonas gingivalis


    (c)
    hohe Effizienz der Ethylacetate gg. Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus, Staphylococcus epididermis, Streptococcus pneumoniae


    Anmerkung: Alle unter ac gelisteten Erreger sind als Verursacher für Erkrankungen bei Papageienvögeln (unter Haltungsbedingungen) bekannt.


    Es stellt sich in diesen Zusammenhängen u. a. die Frage danach, wie relevant o. g. Erreger von Krankheiten bei Papageien im Freileben sind und ggf. ob die Aufnahme bestimmter Sekundärstoffe bei Papageien im Freileben das Auftreten derartiger Infektionen/Krankheiten/Pilzbefälle verhindert oder reduzieren kann.



    Literaturquellen:


    Dearing, M. D., W. J. Foley & S.McLean (2005): THE INFLUENCE OF PLANT SECONDARY METABOLITES ON THENUTRITIONAL ECOLOGY OF HERBIVOROUS TERRESTRIAL VERTEBRATES, Annu. Rev. Ecol. Evol. Syst. 2005, 36: 169-189


    Sorensen, J. S., J.D. McLister, M.D. Dearing (2005): Plant secondary compounds compromise energy budgets of a specialist and generalist mammalian herbivore, Ecology 86: 140-154

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  • Nahrungswahl / ererbt? / erlernt?


    "Curt Richter hat schon vor Jahren festgestellt, daß Ratten, denen man die verschiedenen, zu ihrer Ernährung nötigen Stoffe einzeln in vielen getrennten Gefäßen darbot - die Eiweiße sogar in ihre einzelnen Aminosäuren zerlegt -, aus jedem Schüsselchen gerade soviel entnahmen, wie einer wohlausgewogenen Kost entsprach. Da eine Ratte unmöglich phylogenetisch erworbene Informationen darüber besitzen kann, welche Aminosäuren sich zu den für sie bekömmlichen Eiweißstoffen synthetisieren lassen und wie viel man von jeder braucht, muß das Wissen des Tieres anderswoher kommen."


    Anmerkung: Hervorhebung durch Fettdruck von mir.


    Konrad Lorenz (1973): Die Rückseite des Spiegels, R. Piper & Co. Verlag, München / als preiswerte Taschenbuchausgabe bei: dtv (9. Aufl./1987), München, S. 121


    Die oft sinnvoll erscheinende (oder tatsächlich sinnvolle) Nahrungswahl (natürlich bei Verfügbrkeit über entsprechende "Wahlmöglichkeiten") an sich ist nicht genetisch "verankert". (Phylo)-Genetisch programmiert ist jedoch (insbesondere bei kognitiv hochstehenden Tieren, wie es beispielsweise Ratten aber auch Papageienvögel sind) der "Lehrmechanismus" an sich: Lernen durch Abschauen, aber auch bedingt durch sog. "Selbstdressur", die in Bezug auf Ernährung darauf beruhen kann, daß die Aufnahme bestimmter Nahrung (oder Stoffe in der Nahrung) ein "Wohlbefinden" (mit einem "Danach-Suchen", einer Appetenz) und andere z. B. ein "Unwohlsein" (mit einer Aversion im schon Anfang des vorherigen Jahrhunderts von Craig beschriebenen Sinn* mit entsprechender Vermeidungsreaktion) verursachen.


    *Craig, W. (1918 ) Appetites and Aversions as Constituents of Instincts, Biological Bulletin 34, 91 - 107

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  • Brightsmith, D. (2002): The Clay Licks of Tambopata and Beyond: The wohos, whats, and whys of geophagy / online verfügbar.


    "The data from Manu and Tambopata show that the parrots in Peru do not consume soil to use as grit."


    "Die Daten vom Manu- und Tambopata(Reservat) zeigen, daß die Papageien in Peru die Erden nicht als Grit nutzen."


    "The data from Posada Amazonas show that the birds choose soils that are high in Sodium suggesting that they eat the soil to obtain this nutrient."


    "Die Daten aus dem Gebiet der Posada-Amazonas-Lodge (Anmerkung: das ist eine Anlage für "Ökotouristen") zeigen, daß die Vögel Böden mit hohen Natriumgehalten* wählen, was darauf hindeutet, daß sie diese Erden fressen, um sich diesen Nährstoff zuzuführen."


    *nicht verwechseln mit Natriumchlorid (= Kochsalz)


    "Binding dietary toxins: (...): The data from Manu and Tambopata show that this is very important for the parrots here and this is a primary reason why the birds in Peru eat soil (...)"


    "Bindefähigkeit von Giftstoffen in der Nahrung: (...): Die Daten von Manu und Tambopata zeigen, daß das für die hier lebenden Papageien enorm wichtig und der vorrangige Grund dafür ist, daß die Vögel in Peru Erden (...) aufnehmen."


    "Many of the plant chemicals that animals consume may be sufficiently toxic to erode awasy the lining of the stomach. This could cause ulcers or diarrhea. When animals eat clay helps protect the stomach from irritation in at least two ways. First the clay sticks to the lining of the stomach providing a physical barrier between the toxic food and the stomach. Second it stimulates the productions of mucus by the stomach lining. Since mucus is the natural way that the stomach is protected from chemicals in the gut this ist also very effective. This mechanism has been found to be important for many domestic animals. To date detailed studies of this have not be done with parrots, but it seems logical that this mechanism is also helping the parrots in Tambopata."


    "Viele der von Tieren genutzten Pflanzenchemikalien können hinreichend toxisch sein, um die Schutzschicht des Magens anzugreifen. Das kann Geschwüre oder Durchfälle verursachen. Wenn Tiere Ton fressen, hilft der Ton, den Magen vor der Reizung auf mindestens zwei Weisen zu schützen. Zunächst "kleidet" der Ton den Magen aus; es entsteht eine physische Barriere zwischen toxischem Futter und dem Magen (Anmerkung: den Schleimhäuten). Innerhalb von Sekunden wird die Schleimproduktion durch das aufgenommene Futter angeregt. Da Schleim der natürliche Mechanismus ist, um den Magen vor Chemikalien in den Eingeweiden zu schützen, ist das auch sehr wirksam. Wie man herausgefunden hat, ist dieser Mechanismus für viele Haustiere wichtig. Bis heute existieren dazu keine ausführlichen Studien mit Papageien. Aber es scheint logisch, daß dieser Mechanismus auch den Papageien in Tambopata dient."


    Anmerkung: Ich habe es mir angewöhnt, englischsprachige Texte so zu übersetzen, daß dabei ein halbwegs lesbares und verständliches "Deutsch" herauskommt und nicht derart gräßliche und oft genug sinnentstellte Texte, wie man/frau sie von "Übersetzungsmaschinen" kennt. Wenn mir Begriffe als nicht allgemein verständ- oder gebräuchlich erscheinen, so setze ich entsprechende Erläuterungen/Anmerkungen.


    Nach den vielen Texten hier einige schöne Fotos von den Clay-Licks und den gefiederten Nutzern im Tambopata-Nationalpark


    und ein kurzes Video .

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
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  • "(...) ist die Appetenz (Erläuterung von mir: das "Hingezogensein", das "Verlangen", der "Appetit" nach) beim explorativen (Erläuterung von mir: erkundenden) Verhalten unmittelbar auf Situationen gerichtet, in denen das Tier durch seine Aktivität Wissen erwerben kann. Auch wenn es am unbekannten Objekt Bewegungsweisen eines bestimmten Funktionskreises, z. B. die des Nahrungserwerbs, probiert, will es nicht fressen, sondern erfahren, ob der betreffende Gegenstand prinzipiell fressbar ist. Der Arterhaltungswert des explorativen Verhaltens liegt im Erwerben sachlichen Wissens."


    Abgeschautes (von Artgenossen und/oder Eltern "erlerntes" und/oder per "Selbsterfahrung" erworbenes) Wissen um die Genießbarkeit oder die Ungenießbarkeit von Nahrungspflanzen wird - wie ich bereits mehrfach erwähnt habe - von Generation zu Generation weitergereicht (tradiert).


    Aber (und hierzu nochmals Konrad Lorenz): "(...) ist die Möglichkeit der Weitergabe von Wissen von der Verfügbarkeit des Objekes abhängig, auf die es sich bezieht."


    Quelle(n): jeweils K. Lorenz in: Die Rückseite des Spiegels / aus Zusammenfassung des Kapitels "Die Tradition"


    D. h. ganz banal: Die Papageienvögel in Gefangenschaft können nur ein Wissen über die vom Mensch angebotenen Nahrungspflanzen erlangen und nur dieses (vom Halter sozusagen "vorselektierte") Wissen weiterreichen.


    Die Tradition der Weitergabe von Wissen um die Nahrung der freilebenden Artgenossen wurde/ist bei Nachzuchten unter Haltungsumständen unterbrochen. Um so wichtiger ist es, möglichst umfassende Kenntnisse über die im Laufe langer Zeiten entwickelte und angepaßte Freilandernährung der jeweiligen Arten zu erlangen.


    Erst diese Kenntnisse können es ermöglichen, die Palette der von den jeweiligen Arten im Freileben genutzten Pflanzen einer umfassenden Betrachtung (hinsichtlich energetischer Wertigkeit, Inhaltsstoffe, Konsistenzen, Nutzungsanteilen etc.) zu unterziehen und auf dieser Grundlage zu eruieren, welche hier erhältlichen Pflanzen in etwa ein Pendant zu den Freilandpflanzen (bzw. davon genutzten Komponenten) darstellen könnten, bzw. wie fehlende Komponenten anderweitig sinnvoll zu ergänzen und/oder zu ersetzen sind.


    Von diesen Zielvorgaben sind wir trotz wohltönender Bekundungen (und total überzogener Werbeversprechen) der Futtermittelhersteller noch mindestens soweit entfernt, wie die tropischen Wälder Amazoniens von deutschen Fichtenwäldern.

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Einige offene Worte: Wie anmaßend simplifizierend nicht nur in diversen Foren einige "Papageienspezialisten" fast alle (oder besser: zumindest fast alle bekannten) Aspekte der Biologie und Ökologie von Papageienvögeln (und somit auch der Ernährung) auf ein Level herabsetzen, welches der Komplexität nicht annährend gerecht wird, ärgert (nicht nur mich) ganz gewaltig. Das geht nicht. Das bringt nix. Weder für die Gefiederten noch für die Halter. Kein Mensch würde versuchen, eine Puccini-Arie auf 3 magere Noten zu reduzieren und die so eingekürzte "Partitur" als ausreichend ansehen, die Werke von Puccini zu verstehen und verständlich machen zu können. Es hat nichts mit Überheblichkeit oder "Besserwisserei" (im schlechten Sinn) zu tun, wenn man/frau bestrebt ist, erlerntes und erfahrenes Wissen im Sinne einer Verbesserung der Bedingungen für Gefiederte unter Haltungsumständen zum Nulltarif weiterzureichen. Ich freue mich jedenfalls immer wieder, wenn ich mein Wissen erweitern kann und vielleicht ein kleiner Teil davon "meinen" Amazonen zu Gute kommt. Ich fasse Hinweise zu mir bisher unbekannten Arbeiten oder das Hinterfragen von An- und Einsichten stets als bereichernd und nicht (wie von einigen Mitmenschen praktiziert) als störend und lästig auf. Und: Ich bin mir darüber klar, daß WIR ALLE im Prinzip hinsichtlich der Gefiederten erst einen ganz kleinen Teil dessen kennen, was wir eigentlich kennen müßten, um ihnen halbwegs gerecht werden zu können.


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Liebe Heidrun!


    Vielen lieben Dank für Deine ausführlichen Beiträge! Es ist schön, dass Du mit deinem Wissen das Ernährungsforum bereicherst! Ich musste beim Lesen feststellen, wie wenig ich doch eigentlich weiß! Wie viel man doch noch lernen kann und ich dachte, dass ich doch so manches weiß ...


    Bezüglich der Aufnahme von Erde bei Amazonen gibt es ja auch einige Beobachtungen bei den freilebenden Stuttgarter Amazonen. Scheinbar konnten sich die Vögel nachdem sie "ausgewildert" wurden, wieder an Wissen ihrer Vorfahren "erinnern" und nutzen dieses auch. Solll heißen, dass sie immer wieder in die Weinberge fliegen, um dort von der wohl guten Erde zu fressen, um sich vor eventuell aufgenommene Giftstoffe zu schützen.


    Ich finde dieses Thema sehr spannend und es ist schade, dass wir so weit von Stuttgart weg gezogen sind und daher leider keine eigenen Beobachtungen mehr vornehmen können.


    Liebe Grüße


    Tanja

  • Liebe Tanja,


    besten Dank. Aber nochmals: Auch mein Wissensstand in puncto "Ernährung von Papageien" ist bestenfalls bruchstückhaft.


    Kurz zurück zum Thema Geophagie: Dieter Hoppe erhielt die Mitteilung eines Beobachters, daß einige Stuttgarter Amazonen an einem Bahndamm auf/an der Erde (an Sand?) pickten. Aber hierzu fehlen nähere Angaben. Fotomaterial ist nicht existent.


    Hoppe, D. (2006): Priv. Mitteilung, Esslingen


    Herzliche Grüße
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo ihr Lieben!


    Ebenfalls bei den Stuttgarter Amazonen wurde beobachtet (unter anderem von Anwohnern und wohl auch von Dr. Britsch), dass sie in die Weinberge in Bad Canstatt (Ortsteil von Stuttgart) fliegen, um dort den lehmigen, sandigen und mineralhaltigen Boden aufzunehmen. Der Boden dort hat diese Zusammensetzung, da der Wein diesen zum Wachsen braucht.


    Viele liebe Grüße


    Tanja