Für weitergehend interessierte Halter/innen nachstehend einige umfassendere Informationen zur unterschiedlichen Verträglichkeit von Pflanzen (Pflanzenteilen).
Teil 1
Für das Überleben der Pflanzen selbst und für ihre gesicherte Ausbreitung ist es erforderlich, sich vor Prädation zu schützen, beziehungsweise eine Balance herzustellen, die das Überleben der Pflanzenart nicht essentiell gefährdet. Eine Abwehrstrategie kann in der Herausbildung sog. "sekundärer Pflanzenstoffe" bestehen, welche die prädierten Pflanzenteile ungenießbar machen und sogar für die Prädatoren (u. a. pflanzenfressende Vögel) toxisch sind.
Die sich von den betreffenden Pflanzen ernährenden Vogelarten mußten also Anpassungen entwickeln, die es ihnen ermöglichen, mit den toxischen Bestandteilen klarzukommen, ohne Schaden zu nehmen. Die Entwicklung solcher Strategien und Gegenstrategien ist natürlich nur in evolutionären Zeitdimensionen denkbar. Man spricht von einem koevolutiven Wettrüsten.
U. a. Sorensen (1983) verweist darauf, daß sekundäre Pflanzenstoffe die beste Gewähr dafür bieten, ungeeignete Ausbreiter fernzuhalten. Cipollini & Stiles (1992) betonen ebenfalls den erheblichen Einfluß sekundärer Pflanzenstoffe auf die Fruchtwahl frugivorer Vögel.
Viele Pflanzen enthalten sekundäre Pflanzenstoffe, deren Hauptfunktion darin liegt, Fraßfeinde vom Verzehr wachstums- und vermehrungsrelevanter Pflanzenteile abzuhalten, bzw. die Zahl der Fraßfeinde zu begrenzen. Daß dies in der Summe funktioniert, konnte Stiebel (2003) in einer Studie zur Frugivorie bei mitteleuropäischen Vögeln nachweisen. Er schreibt: "(...) wiesen über das ganze Jahr hinweg betrachtet nicht gefressene Früchte einen signifikant höheren Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen (Summe aus Tanninen, Saponinen, cayanogenen Glykosiden und Alkaloiden) auf als von Vögeln gefressene Früchte."
Dennoch gelingt es immer wieder einigen Arten, so auch Papageienvögeln, die betreffenden Pflanzen trotz darin enthaltener Giftstoffe zu nutzen, während andere Vertreter der Familie Aves und Säugetiere diese Pflanzen meiden, weil sie mit deren Giftigkeit nicht zurechtkommen. Die Problematik der Nutzung giftiger Pflanzen stellt sich in Südamerika, der angestammten Heimat vieler Papageienarten, noch etwas deutlicher dar, als dies in Mitteleuropa der Fall ist. Mehr als die Hälfte der im tropischen Südamerika vorkommenden Vogelarten ernährt sich vorwiegend frugivor (Bezzel & Prinzinger, 1990), während der Anteil in Mitteleuropa bei ca. einem Viertel liegt (Zimmerli, 1985/86).
Die Papageien haben wohl schon seit frühesten Zeiten ihrer stammesgeschichtlichen Entwicklung damit "begonnen", endogene Mechanismen auszubilden, die Neutralisations- und/oder Detoxifikationseffekte in Bezug auf sekundäre Pflanzenstoffe ermöglichten. Die schon sehr lange währende Konkurrenz und Koexistenz zwischen samenproduzierenden Pflanzen und Vögeln belegt der Fund eines ca. 120 Millionen Jahre alten Vogel-Fossils aus der Kreidezeit. Der in der nordchinesischen Jiufotang-Formation gefundene versteinerte Vogel hatte mehr als 50 gut erhaltene Samen im Magen (Ji et al., 2003). Verschiedene Arten gleicher Gattungen, die sich einen gemeinsamen Lebensraum teilen, entwickelten offenkundig jeweils Anpassungen an unterschiedliche Pflanzen (bzw. deren sekundäre Pflanzenstoffe). Die Annahme ist in Bezug auf Papageienvögel u. a. damit begründbar, daß z. B. Lack (1976) für zwei von Größe und Schnabelbeschaffenheit fast identische, in den gleichen Gebieten Jamaikas vorkommende Amazonenarten (Amazona collaria, Amazona agilis) dokumentieren konnte, daß von 32 nachgewiesenen Futterpflanzen nur 12 gemeinsam genutzt wurden. Die beiden dominikanischen Amazonenarten (Amazona arausiaca, Amazona imperialis) nutzen von 26 dokumentierten Futterpflanzen ebenfalls nur 8 gemeinsam (Evans, 1988 ). Für diese Aufteilung der Nutzung von Nahrungspflanzen sympatrisch vorkommender Papageienarten sind weitere Beispiele präsent.