Nee, rutsch einfach am Stamm herunter.
Bisher fühle ich mich nicht recht verstanden.
Ich fürchte, Jens hat Recht, wir reden aneinander vorbei, denn es nützt ja nichts, jeden einzelnen Satz zu nehmen, mit seinen Vorstellungen durchzukneten und dem andern an den Kopf zu knallen. Gwenni meint: Nur weil man das Eine (Massentierhaltung) nicht verhindern kann, muss man die Wohnzimmerhaltung von Papageien nicht zulassen. Das ist doch völlig richtig und nichts anderes habe ich gewollt. Siehe weiter unten.
Ich mache in dieser Diskussion keinen Unterschied zwischen Exot und Nichtexot. Das sind für mich allesamt gleichwertige Tiere. Ihr hängt die Diskussion am Tierleid der geschundenen Kreatur speziell dem Papagei auf. Ich glaube, dass es da überhaupt keine Missverständnisse geben braucht, denn diese Wohnzimmerhaltung und Missstände, die Jens meint, lehne ich ebenfalls ab. Deswegen habe ich keine Papageien mehr und auch keine Vögel mehr in der Wohnung. Ich bin da ganz radikal und halte sie quasi natürlich. Ich weiß dabei, dass diese Haltung ebenfalls ihre Haken und Ösen hat und habe aber das Gefühl, dass sie dort nichts Wesentliches vermissen müssen. Oder etwa doch? Sicher sind die Tiere in meiner Obhut auch von mir abhängig. Ich übernehme also auch Verantwortung für ihr Leben, egal in welcher weise ich sie halte. Bin ich mit der Haltung generell unmoralisch? Sinkt oder steigt damit mein Wert? Doch sicherlich nur in dem Maße, in welcher Art und weise ich Tiere halte.
Ist Tierhaltung also generell unmoralisch, selbst wenn man sich bemüht, alles erdenkliche zu tun, was zu einer wesensgemäßen Haltung gehört? Ihr wollt generell verbieten, ich will gestalten. Darauf nimmt diese Diskussion irgendwie keine Rücksicht. Was ist, wenn man Tiere nur an Menschen abgibt, die einen Nachweis erbringen, dass ihre Haltungsbedingungen wesensgemäß sind? Kann die Definition "wesensgemäß" nicht erstellt werden? Kann man bei Menschen, die etwas Niedliches zum liebhaben brauchen, nicht andere Mitmenschen nahe bringen? Das ist ebenfalls eine interessante gesellschaftliche Diskussionsgrundlage. Kann man Tiermissbrauch dann noch gänzlich verhindern? Bin ich jetzt radikaler Tierhaltungsbefürworter? Bin ich radikal?
Wenn der Mensch einen Naturbestandteil in Kultur nimmt, so macht er ihn sich zu eigen. Er lernt es (im Idealfall) gründlich kennen und beginnt ihn zu verändern. Landschaften, Biotope, Tiere und Pflanzen werden in Kulturgenommen und im Sinne des Menschen verändert. Das ist die Natur des Menschen. Das war schon immer so. Man kann es als einen Schöpfungsprozess bezeichnen. Ist das unmoralisch? Sind Stürme, Vulkanausbrüche oder Meteoriten unmoralisch? Allein der Mensch kann darüber entscheiden, was gut oder schlecht ist und Entscheidungen treffen. Nur er entwickelt eine Moral. Was dient der Moralbildung, gestalten oder verbieten? Da wurden die Gebote Moses zitiert, die in unsrer Übersetzung mit "Du sollst nicht ... " übersetzt wurden. Diese Gebote können auch mit "du wirst nicht ... " übersetzt werden. Da beginnt die Freiheit des Gestaltens und der persönlichen Moralbildung. Die andere Übersetzung verhindert sie.
Wenn man ohne Doppelzüngigkeit die Exotenhaltung verbieten will, dann sollte man gleichzeitig die Tierhaltung insgesamt verbieten wollen. Ich wiederhole: Ich mache keinen Unterschied zwischen Exoten und Nichtexoten auch nicht zwischen Tieren, die als Nahrung oder als Seelentröster herhalten müssen. Man müsste folglich jegliche Veränderung der Landschaften verbieten, denn dadurch werden Lebensräume zerstört. Fortbewegung mit Maschinen müsste man verbieten, denn sie vernichten, zerschneiden und töten. Fangen wir also klein an und verbieten schon mal die Exotenhaltung und weiten dann aus, bis wir alles verboten haben? In diese Richtung wurden die Argumente gegen meine Aussagen gelenkt.
Wenn in der Bibel geschrieben steht: "Macht Euch die Erde untertan." So heißt es gewiss nicht, beutet sie aus und schmeißt sie weg. Sondern es bedeutet: Liebe, schütze und pflege sie, Du hast eine unermessliche Verantwortung. Denn Du hast die Macht, sie zu gestalten. An diesem Punkt angekommen müssten wir also unsere Kultur radikal überdenken, unsere Vorstellungen, unsere Moral neu erschaffen und 10.000 Jahre Geschichte ad acta legen.
Jetzt habe ich seeeehr weit ausgeholt nur um zu sagen: Die Exotenhaltung gehört derzeit zu unserer Kultur dazu. Wenn sie etwas nützen soll, dann muss sie sinnvoll gestaltet werden. Es gibt dahingehend viele Gespräche, Diskussionen. Das "Wie" ist entscheidend, nicht das "Ob-überhaupt". Nein, ich bin gegen Kakadus im Wohnzimmer oder Graupapageien auf dem Ständer. Ich bin gegen Drahtkästen, die nichts mehr mit dem Wesen der Amazone zu tun haben. Ich bin sogar gegen die Paarhaltung, denn das Sozialverhalten von Papageien ist wesentlich komplexer, als es eine Paarhaltung gewährleistet. Wie muss also Papageienhaltung gestaltet werden? Ich bin für naturhafte Gehege und für Beobachtung mit Sachverstand. Wer das bewerkstelligen kann und will, soll es tun dürfen! Nicht jeder, der sich für bestimmte Tiere interessiert, kann für mehrere Jahre in die angestammten Habitate ziehen. Jeder aber, der die Tiere ihrem Wesen entsprechend halten will, kann einen Beitrag leisten zu mehr Erkenntnissen im Detail. Dann braucht man eben Platz und Geld. Das kann auch nicht jeder. Aber das ist eher im Bereich des Machbaren, als eine mehrjährige Reise in die Wildnis (derzeit jedenfalls).
Ich sage das mit der gleichen Überzeugung wie, dass derjenige, der Fleisch, Eier oder Käse essen will, eine Verantwortung dafür übernimmt, wie seine Mahlzeit erzeugt wird. Er bestimmt, wie viel er konsumiert und welche Qualität die Tierhaltung hat.
Ist das alles jetzt wieder versponnen? Versteht das jetzt irgendwer?
Ja und schließlich: Wenn man es genau betrachtet, so ist der Mensch das "höchste" Lebewesen. Das beruht auf seinen Fähigkeiten, die Welt selbstreflektiv zu betrachten und zu behandeln. So drückt es Goethe aus: http://www.literaturwelt.com/werke/goethe/goettliche.html
War er ein versonnener Spinner? Bin ich es?
Grüße