Papageien / Gehirn und Hirnleistungen

  • Papageien / Gehirn und Hirnleistungen:


    Zu Aufbau und Struktur vgl. angehängte Darstellung.


    Aktuelle Arbeiten aus den Bereichen der anatomischen Gehirnforschung und der Tierkognition belegen, daß es sich bei Vogelhirnen um sehr vielschichtige, flexible und leistungsfähige Organe handelt, die denjenigen hochentwickelter Säugetiere durchaus ebenbürtig sein können. Nach wie vor unterschiedlich ist lediglich die Auffassung darüber, wie Vogelgehirne konkret funktionieren. Insbesondere die Funktion der oberen Cluster im Vogelhirn ist strittig. Von Harvey Karten und anderen wird vermutet, daß eine Analogie zu den Schichten im Säugetierhirn besteht. Sensorische Informationen finden bei Säugern Eingang in den Thalamus und werden von dort an das Großhirn geleitet. Auch bei Vögeln landen die Informationen laut Karten zunächst im Thalamus und werden von dort zu höheren Clustern weitergeleitet und verarbeitet. Eine zweite Forschergruppe geht davon aus, daß die oberen Cluster des Vogelhirns in ihrer Funktion analog zur sog. "Vormauer" (Claustrum) und dem Mandelkern (Corpus amygdaloideum) von Säugerhirnen zu sehen sind. Hierzu Georg Striedter (STRIEDTER, 1998 ) "Bei Säugern bleibt der Mandelkern auf das emotionale System beschränkt, bei Vögeln ist er nicht mehr nur emotional, sondern wird Bestandteil der Intelligenz."


    Eine Gruppe von 29 Wissenschaftlern hat in 2005 neue Ergebnisse der Forschung zur Anatomie und Funktion des Vogelhirns veröffentlicht (Avian Brain Nomenclature Consortium, 2005). Nach ihren Ergebnissen ist das "Gehirn der Vögel ungemein vielschichtig und zugleich flexibel und ebenso erfinderisch wie das Gehirn von Säugetieren." ORTEGA & BEKOFF (1987) merken an, daß bei Papageien und Passerinen, für die umfängliche Sozialspiele dokumentiert sind, das Gehirnvolumen entsprechend größer ist als bei anderen Arten.


    Gedächtnisleistungen bis hin zu Merkfähigkeit einer hohen Anzahl teils sehr komplexer Muster - so können beispielsweise Tauben bis zu 750 verschiedene Muster erinnern und offenbar kontextual zuordnen (VON FERSEN, 1989) - sind mittlerweile für nicht wenige Arten dokumentiert. Erwähnt sei hierzu auch eine Arbeit von Vaughan & Greene aus 1984. Auch die Verfügbarkeit eines sogenannten "episodischen Gedächtnisses" wird mehrfach, so zum Beispiel von CLAYTON (1998 ) in Bezug auf den Buschhäher beschrieben. Nathan Emery und Nicola Clayton von der Cambridge-Universität in England verglichen die kognitiven Möglichkeiten und Leistungen von Krähen und Affen und kamen zu dem Ergebnis, daß in Relation zum Körpergewicht das Krähenhirn in etwa die gleiche Größe wie das Affenhirn einnimmt und die kognitiven Leistungen von Krähen nicht nur wegen des dokumentierten Werkzeuggebrauches durchaus einem Vergleich mit denjenigen der Affen standhalten (EMERY & CLAYTON, 2004). IWANIUK (2005) kommt zu dem Ergebnis, daß auch Papageien in Relation zur Körpermasse im Verhältnis zu einigen Primaten über ein entsprechend großes Gehirnvolumen mit leistungsfähigen Komponenten verfügen. Nach PEARSON (1972) verfügen Papageien in Relation zur Körpermasse sogar über die größten Gehirne aller Vogelarten. Beobachtungen von HA (2003) belegen, daß eine nordamerikanische Krähenart in der Lage ist, Verwandte von Nichtverwandten zu unterscheiden und ihr Verhalten danach auszurichten. Diese Fähigkeit ist (so Ha) noch weitaus komplexer, als "nur" zu erkennen, welche Artgenossen in der gleichen Gruppe leben. MASIN et al (2003) konnen an Hand sonografischer Aufzeichnungen nachweisen, daß die Jungvögel von Poicephalus meyeri spezifische Lautmuster vom Vater in ihr Repertoire übernehmen. Zu gleichen Ergebnissen kamen sie auch in Bezug auf Psittacus erithacus. Diese Arbeiten dürfen als Beleg dafür dienen, daß (zumindest bei beiden vorgenannten Arten) die direkte Nachkommenschaft an dem vom Vater übernommenen Lautrepertoire identifiziert werden kann.


    Umfassend wurden die komplexen kognitiven Fähigkeiten von Graupapageien am Exempel des Graupapagei "Alex" von PEPPERBERG (1983, 1987, 1990, 1994, 1999) dokumentiert. Wenn auch die Arbeiten von Pepperberg eines gewissen Anthropomorphismus nicht entbehren, so zeigen sie doch anschaulich, über welch "hochwertige" kognitive Ausstattung (Anmerkung: Ohne diese Grundausstattung wären die betreffenden Ergebnisse nicht zu erzielen) Graupapageien verfügen.


    Die Befähigung zu sozialer Intelligenz und Umweltintelligenz ist bei vielen Arten, insbesondere den hochentwickelten Corviden und Psittaciden, zweifelsfrei gegeben. Eines von mehreren (möglichen) Merkmalen sozialer Intelligenz ist in der Organisation in individualisierten Gruppen zu sehen (vgl. EMERY, 2004). Nathan J. Emery (EMERY, 2004, S. 6) orientiert das Maß der sozialen Komplexität an der durchnittlichen Gruppengröße. Emery sieht eine signifikante Korrelation zwischen sozialem Lernen und der Größe des Neokortex, allerdings nicht zwischen durchschnittlicher Gruppengröße und sozialem Lernen und der Größe des Neokortex. Für den Zusammenhang zwischen Gruppengröße, sozialem Lernen und der Größe des Neokortex sei ausschlaggebend, daß sich die Gruppenmitglieder persönlich kennen (individualisierte Gruppe), weil viele soziale Komponenten (wie z. B. soziale Rangordnungen) nur in individualisierten Gruppen zu finden seien. Eine dem Neokortex bei Säugern vergleichbare Region bei Vögeln wurde fast hundert Jahre lang übersehen. Erst jetzt hat man die Nomenklatur geändert. Der alte "Neokortex" heißt nun "Kortex" und ist auch bei Vögeln verfügbar. (NATURE REVIEWS NEUROSCIENCE, 6, S. 135)


    Der Biopsychologe Thomas Kalenscher (KALENSCHER, 2005) untersuchte mit seinen Kollegen von der Ruhr-Universität Bochum und einer neuseeländischen Arbeitsgruppe das funktionelle Gegenstück des präfrontalen Kortex bei Vögeln, das sogenannte Nidopallium caudolaterale oder NCL. In ihrer Verschaltung mit sensorischen Eingängen, motorischen Ausgängen und der Anbindung an emotionale Zentren entsprächen sich die beiden Regionen, so Kalenscher. BEAUCHAMP & FERNANDEZ-JURICIC (2004) sind der Frage nachgegangen, ob zwischen der Größe des Vorderhirns von Vögeln und der Gruppenstärke eine Beziehung besteht. Sie fanden keine Anhaltspunkte für einen solchen Bezug. Eigentlich kann das Ergebnis dieser Arbeit nicht wirklich überraschen. Wäre eine diesbezügliche Relation vorhanden, so würde daraus zu folgern sein, daß mit zunehmender Größe der vorderen Hirnareale der Grad der Individualisierung und die Komplexität der sozialen Gefüge zu- und somit die Gruppenstärke abnehmen müßte. Dem stehen die realen (und auch von den Autoren der Arbeit einbezogenen) Beobachtungen entgegen, daß selbst Vögel mit vergleichsweise hoch entwickelten Vorderhirnarealen (wie z. B. Psittacus erithacus) zumindest temporär in sehr großen Gruppen, allerdings ebenso häufig in kleinen Einheiten organisiert sein können.


    LORENZ (1935) schreibt in Kapitel VIII seiner zu Unrecht wohl ein wenig in Vergessenheit geratenenn Abhandlung "Der Kumpan in der Umwelt des Vogels": "Bei sehr vielen Vögeln finden wir eine Scharbildung, die weit mehr ist als eine bloße Ansammlung von Individuen. (...) Ganz wie bei den hochstehenden Säugetieren und auch beim Menschen, ist bei den Vögeln ein Großteil der sozialen Reaktionen an das persönliche Sich-Kennen der Individuen gebunden. Daß ein Vogel eine Anzahl von Artgenossen persönlich kennen kann, wissen wir ja schon aus den Arbeiten von Katz, Schjelderup-Ebbe und anderen, die an Haushühnern ihre Versuche angestellt haben. Ich möchte hinzufügen, daß diese Fähigkeit und insbesondere auch das Personen-Gedächtnis bei Vögeln mit höher spezialisierten sozialen Reaktionen, als das Haushuhn sie hat, noch ganz wesentlich höher entwickelt ist." Seine diesbezüglichen Feststellungen beziehen sich insbesondere auf intensive und über lange Zeiträume durchgeführte Beobachtungen des sozialen Gefüges von Dohlen. So schildert er beispielsweise, daß "Dohlen ein zur Brutsiedlung zurückkehrendes Mitglied nach vielen Monaten sofort wieder" (erkennen).


    Bereits KATZ & REVESZ (1931) hatten tierexperimentell nachgewiesen, daß das mit einem relativ simplen Gehirnaufbau ausgestattete Haushuhn in der Lage ist, mehr als 20 Artgenossen individuell zu erkennen. Schon neun Jahre zuvor kam SCHJELDERUP-EBBE (1922/23) zum gleichen Ergebnis. Die Resultate dieser Arbeiten haben auch heute noch Bestand und finden sich unverändert in der Lehre biologischer Fakultäten (vgl. u. a. auch POLIKLINIK FÜR VÖGEL UND REPTILIEN, Gießen 2004). Neuere Untersuchungen gehen sogar darüber hinaus und beziffern die Anzahl individuell erkennbarer Artgenossen beim Huhn auf mehr als 100. "Sie können mehr als 100 andere Hühner erkennen und sich an sie erinnern", berichtet Dr. Joy Mench, (MENCH & VAN TIENHOVEN, 1986) Professorin und Direktorin des "Center for Animal Welfare" an der Universität von Kalifornien. Davon ausgehend, daß der relativ einfache Aufbau der Gehirnstruktur des Haushuhnes hinreicht, mehr als 20 (nach differierenden Arbeiten mehr als 100) Exemplare seiner Art individuell zu erkennen, ist die Annahme gerechtfertigt, daß die Anzahl individuell erkennbarer Artgenossen bei Papageienvögeln, die über ein weit komplexeres Gehirn verfügen, auf jeden Fall höher anzusiedeln ist.



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  • Literatur und Quellen:


    AVIANBRAIN NOMENCLATURE CONSORTIUM (2005): Avian Brains And A NewUnderstanding Of Vertebrate Brain Evolution, in: Nature Reviews Neuroscience 6, 151-159

    BEAUCHAMP, G. & E. FERNANDEZ-JURICIC (2004): Is there a relationship between forebrain size and group size in birds?, Evolutionary Research 2004, 6: 833 – 842

    CLAYTON,N.S. & DICKINSON, A. (1998 ) Episodic-like memory during cache recovery by scrub jays, Nature 395, 272 – 274

    EMERY, N. J. (2004): Are Corvids "Feathered Apes?": Cognitive Evolution in Crows, Jays, Rooks and Jackdaws, in: Waranabe, S., (Hrsg): Comparative Analysis of Minds, Keio University Press, Tokyo

    HA,R.R., P. BENTZEN, J. MARSH & J.C. HA (2003): Kinship AndAssociation In Social Foraging Northwestern Crows (Corvus Caurinus), Bird Behaviour, Bd. 15, S. 64, New York
    IWANIUK,
    A.N., DEAN, K.M., NELSON, J.E. (2005): Interspecific allometry of thebrain and brain regions in parrots (psittaciformes): comparisons withother birds and primates, Brain Behav. Evol. 2005;65(1):40-59. Epub 2004 Sep 30.

    KALENSCHER, T., S. WINDMANN, B. DIEKAMP, J. ROSE, M. COLOMBO (2005): Single Units in the Pigeon Brain Integrate Reward Amount and Time-to Reward in an Impulsive Choice Task, Current Biology 2005 15: 594-602

    KARTEN,H.J. (1969): The organization of the avian telencephalon and somespeculations on the phylogeny of the amniote telencephalon, in:Comparative and Evolutionary Aspects of the Vertebrate CentralNervous System, ed. Petras, J.M. and Noback, C.R., Annals of the N.Y.A.S., 167: 164-179

    KATZ, D. & G. REVESZ (1931): Experimentell psychologische Untersuchungen an Hühnern, Zeitschrift für Psychologie, 50, 1909

    LORENZ,K. (1935): Der Kumpan in der Umwelt des Vogels - Der Artgenosse alsauslösendes Moment sozialer Verhaltensweisen, Kapitel VIII, in: Übertierisches und menschliches Verhalten, Aus dem Werdegang derVerhaltenslehre, Gesammelte Abhandlungen, Band I, Piper & Co Verlag, München, 1965, S. 240,241, 253

    MASIN, S., R. MASSA, L. BOTTONI (2003): Subsong development in fledgling Meyer’s Parrots Poicephalus meyeri: tutoring evidences, Università degli Studi Milano Bicocca, Dipartimento di Scienze dell'Ambiente e del Territorio, Milano, Poster-Online: http://www.cultura.ufpa.br/ibac/ibacabs.htm

    MENCH, J. A. & A. VAN TIENHOVEN (1986): Farm animal welfare, American Scientist 74:598-603

    ORTEGA, J.C. & M. BEKOFF (1987): Avian play: comparative evolutionary and developmental trends, Auk. 104, 338 – 341

    PEARSON, R. (1972): The Avian Brain, Academic Press, New York, 596, 605

    PEPPERBERG, I. (1981): Functional vocalization by an African Grey Parrot (Psittacus erithacus), Z. Tierpsychol. 55: 139-160

    PEPPERBERG,I. (1983): Cognition in the African Grey parrot: preliminary evidencefor auditory/vocal comprehension of the class concept, Animal Learning and Behavior 11: 179-185

    PEPPERBERG, I. (1987): Interspecies communication: a tool for assessing conceptual abilities in the African Grey Parrot. In cognition, language and conciousness: integrative levels (Greenberg and Tobach (eds), p. 31-56, Erlbaum, London)

    PEPPERBERG,I. (1990): Cognition in an African Grey Parrot (Psittacus erithacus ) further evidence for comprehension of categories and labels, J. Comp. Psychol. 104: 41-52

    PEPPERBERG, I. (1994): Numerical competence in an African grey parrot (Psittacus erithacus), J. Comp. Psychol., 108: 36-44

    POLIKLINIK FÜR VÖGEL UND REPTILIEN (2004): Verhaltenslehre : Verhalten des Huhnes,
    http://www.uni-giessen.de/fsvet/downloads/voegel.pdf

    SCHJELDERUP-EBBE, TH. (1922/23): Zur Sozialpsychologie des Haushuhnes, Zeitschrift für Psychologie, 87, 1922/23

    STRIEDTER,G.F., T.A. Marchant, and S. Beydler (1998 ) The "neostriatum"develops as part of the lateral pallium in birds. Journal of Neuroscience, 18: 5839-5849

    VAUGHAN, W., JR., & GREENE, S. L. (1984): Pigeon visual memory capacity. Journal of Experimental Psychology: Animal Behavior Processes, 10, 256-271

    VONFERSEN, L & DELIUS, J. D. (1989): Long-term retention of many visual patterns by pigeons, Ethology 82, 141 - 155

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
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  • Hallo Heidrun ;


    genau aus diesem Grund , warum der Papagei sich aufgrund seiner Hirngröße an verändernde Umweltbedingungen anpassen konnte , wird sich doch eigentlich heutzutage nützlich gemacht . Papageien und Primaten sind langlebig und zeigen Übereinstimmungen im sozialverhalten und in den kognitiven Fähigkeiten .
    Aus der Kognitionsforschung war bereits bekannt , das die relative Größe des Vogelhirns mit der Klimatischen Veränderlichkeit des nat. Habitates zunimmt .
    Eine hohe Hirnleistung , lernfähigkeit , flexibilität im Verhalten ist notwendig um sich als Vogel in seinem Umfeld schnell anpassen zu können .


    Und jetzt wiederum die Frage : Klickern abwägig , warum ? Verhaltenstraining abwägig , warum ? Wäre somit das Wildtier Papagei nicht leichter kontrolierbar .


    MFG Jens

  • Hallo Jens,


    (...) Papageien und Primaten sind langlebig und zeigen Übereinstimmungen im sozialverhalten und in den kognitiven Fähigkeiten .


    stimmt uneingeschränkt.
    Birchall (1990) bezeichnet die Papageien u. a. deswegen als die "Primaten der Vogelwelt".


    Quelle:
    Birchall, A. (1990): Who`s a clever parrot then?, New Scientist (24), S. 38 - 43



    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Eine hohe Hirnleistung , lernfähigkeit , flexibilität im Verhalten ist notwendig um sich als Vogel in seinem Umfeld schnell anpassen zu können .


    Verschiedene Arten leben in verschiedenen Lebensräumen mit verschiedenen klimatischen Zonen, verschiedener Vegetation und verschiedener Begleitfauna. Sie sind im jeweiligen Umfeld "entstanden" und haben sich im jeweiligen "Umfeld" (weiter)entwickelt. Physis und Verhalten sind an die originären Lebensräume "angepaßt". Physis und Verhalten stehen in gegenseitiger Wechselwirkung und sind hinsichtlich Genese und Ausgestaltung reaktive Folge der Entwicklung in einem ganz speziellen Lebensraum. Derart komplexe evolutionäre und coevolutionäre Prozesse vollziehen sich nicht "schnell", sondern innerhalb langer (Zeit)Spannen. Man bezeichnet sie als "träge".


    Je besser es Tieren gelingt, sich Änderungen ihres Lebensumfeldes anzupassen, desto größer sind ihre Chancen, über lange Zeiträume als Individuen und Art zu überleben. Ändern sich Umweltparameter auf Grund anthropogener oder sonstiger Einflüsse dynamisch, scheiden körperliche Anpassungen - die sich nur in evolutionären Spannen vollziehen (können) - als Kompensationsmöglichkeit aus. Anpassungen des Verhaltens, adaptive Modifikationen des Verhaltens und/oder das "Erfinden" neuer Verhaltensweisen sind gefordert. Sind (über)lebensnotwendige Anpassungen auf der Verhaltensebene komplexer Natur, sind sie nur von solchen Tierarten zu leisen, die über einen entsprechend gut ausgestatteten kognitiven Apparat verfügen. Gerhard Roth (1997), einer der renommiertesten Kognitionswissenschaftler, definiert die Begrifflichkeit "Kognition" u. a. wie folgt: "(...) Prozesse, die eine zentrale, erfahrungsgesteuerte Modulation von Warhnehmungsprozessen beinhalten und deshalb zu variablen Verhaltensstrategien führen (...)."


    Quelle:
    Roth, G. (1997): Das Gehirn und seine Wirklichkeit - Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.


    Ein spontanes Vermögen ein Verhalten an sich rasch ändernde Umgebungsparamter präzise und zeitnah anzupassen, steht allerdings sogar dem hochentwickelten Homo sapiens nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Dies gilt erst recht für körperliche Anpassungen in phylogenetischer Größenordnung. Notwendig werdende Änderungen sog. "starrer" (angeborener / oft auch als instinktiv bezeichneter) Verhaltensmuster sind oft genug eine nicht (oder nicht rechtzeitig) zu meisternde Herausforderung. Lorenz (1963): "Angeborene Verhaltensweisen können durch eine an sich geringfügige Änderung von Umweltbedingungen völlig aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Sie sind so unfähig, sich diesen rasch anzupassen, daß unter ungünstigen Umständen eine Art zugrunde gehen kann."


    Quelle:
    Lorenz, K. (1963): Das sogenannte Böse - Zur Naturgeschichte der Aggression, Borotha-Schoeler, Wien, S. 55


    Ungeachtet dessen sind Prozesse des "exploratory-" und "latent-learning" (bis hin zur Entwicklung und Etablierung "erfahrungsbedingter Strategien") im Rahmen der Auseinandersetzung mit einer sich verändernden Umgebungssituation bei Papageien innerhalb einer bestimmten Bandbreite verfüg-, beobacht- und dokumentierbar. Der Lernmechanismus selbst ist ein Produkt phylogenetischer Anpassungsvorgänge. Die Entwicklung "erfahrungsbedingter Strategien" ab einer bestimmten Komplexität ist neben der Verfügbarkeit über eine entsprechend gute kognitive Ausstattung u. a. auch davon abhängig, ob die Lebenszeitspanne eines Individuums einer Art dazu hinreicht, anpassende Strategien zu entwickeln. Ob überhaupt (und wie weitgehend) "erfahrungsbedingte Strategien" auch evolutionsstabil sein (werden)können (dann bezeichnet man sie im Sinne der Definition von Maynard Smith als "evolutionsstabile Strategien" / "evolutionary stable strategies" / kurz: ESS) wird überaus kontrovers diskutiert.


    Literatur:
    Smith, M. J. (1982): Evolution and the theory of games, Cambridge Univ. Press, Cambridge


    Zitat

    von Jens Hildebrandt
    Und jetzt wiederum die Frage : Klickern abwägig , warum ? Verhaltenstraining abwägig , warum ? Wäre somit das Wildtier Papagei nicht leichter kontrolierbar .


    An- und Wegdressuren verschiedener Verhaltensweisen per "conditioning by reinforcement" (z. B. mittels dem sog. Klickern) sind u. a. bei Papageienvögeln natürlich grundsätzlich möglich. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man sich derartige Methoden (Anmerkung: die hierfür erforderliche Vertrautheit ist auch anders herstellbar) beispielsweise dafür zunutze macht, daß man "seine" Vögel für den Fall (notwendiger) Transporte (Stichwort: Tierarztbesuch) weitgehend streßfrei einfangen, auf den Arm oder einen Stock nehmen kann. Ansonsten benötigen Papageien kein "Verhaltenstraining", sondern ein Lebensumfeld, welches - soweit unter Haltungsbedingungen machbar - ihrer Physis und Ethologie (Stichworte: Sozialstruktur, räumliche Ausdehnung, Explorationsmöglichkeiten) entsprechende Verhaltensmöglichkeiten bietet. Auf den Halter fehlgerichtetes und/oder fehladressiertes Sexualverhalten (Stichwort: Kopulationsversuche an/auf der menschlichen Hand), das oftmals als begründende Notwendigkeit für wegkonditionierende Maßnahmen angeführt wird, resultiert fast ausschließlich aus inadäquaten Haltungsbedingungen (Haltung im direkten Wohnumfeld, Einzelhaltung, zu starker Menschenbezug etc.). In derartigen Fällen ist eine grundlegende Änderung der Haltungsumstände und der "Einstellung zum Tier" das rational begründbare "Mittel der Wahl". Es kann nicht darum gehen, Papageien "leichter kontrollierbar" und in Wohnstuben "integrierbar" zu machen (Anmerkung: in selbigen sind sie aus naheliegenden Gründen tatsächlich am wenigsten kontrollierbar), sondern es muß darum gehen, ihnen ein möglichst artadäquates (ungestörtes und eigenständiges) Refugium zu bieten, welches das Ausleben auch für den Halter unangenehmer Verhaltenselemente gewährleistet.


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
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  • Projekt "Reasoning in birds"


    Unterscheidet sich die Intelligenz von Rabenvögeln von derjenigen von Papageien?
    - Forschungsprojekt der Konrad-Lorenz-Forschungsstation (Grünau / Österreich).


    Es soll die Frage danach beantwortet werden, wie spezifisch Intelligenz ist. Bisher wurden Papageien und Rabenvögel stets unabhängig voneinander getestet.


    Projektmitarbeiter Dr. Christian Schlögl erläutert die Projektinhalte so: "Man testete jede Art bezüglich der Fähigkeiten, auf die sie spezialisiert sind. Man kann sich dies vielleicht wie den Vergleich von zwei Handwerkern vorstellen. Testet man einen Tischler auf seine Tischler-Fähigkeiten, so wird er sich sehr gut auskennen. Aber haben Tischler und Schlosser die gleichen Fähigkeiten? Diese Frage können wir nur beantworten, indem wir die beiden mit identischen Tests vergleichen. Genau dieser Frage wollen wir nun verstärkt nachgehen - können Rabenvögel und Papageien die gleichen Dinge oder gibt es eine rabenvogel-spezifische und eine papageien-spezifische Intelligenz? (...) Wir wollen aber nicht nur mehr über Papageien und Rabenvögel wissen, sondern generell verstehen, wie Evolution funktioniert. Während inzwischen bekannt ist, wie und warum sich Flügel, Beine und Schwimmflossen entwickelt haben, so ist die Evolution von Intelligenz noch relativ wenig untersucht. (...) Im Vergleich zur Körpergröße sind Papageien-, Raben- und Schimpansengehirn gleich groß. Wieso haben (...) diese Arten so große Gehirne? Die Wissenschaft nimmt an, dass der Ursprung ihrer Intelligenz in der Vielschichtigkeit ihres Soziallebens liegt. (...) Während wir also bereits eine Idee haben, was zur Evolution von Intelligenz führte, so wissen wir jedoch kaum etwas darüber, ob es unterschiedliche Formen von Intelligenz gibt, genau so wie es unterschiedliche Formen von Flügeln gibt. Zwei unterschiedliche Theorien existieren: die eine Theorie besagt, dass jede Art genau die Form von Intelligenz entwickelt, die sie zum Überleben braucht; der Schlosser sollte also andere Fähigkeiten haben als der Tischler. Die zweite Theorie sagt, dass - sobald die Notwendigkeit besteht, Intelligenz zu entwickeln - alle Arten eine generelle Form von Intelligenz entwickeln, d. h. Schlosser und Tischler sollten die gleichen Fähigkeiten haben. Wir haben uns bislang mit Rabenvögeln beschäftigt und dabei vor allem mit Kolkraben und Dohlen gearbeitet. Es hat den Anschein, dass sich bereits zwischen diesen beiden eng verwandten Rabenvögeln einige Unterschiede finden lassen. (...) Um diese Unterschiede nun besser zu verstehen, haben wir (...) begonnen, die Papageien (...) in Vösendorf zu testen. Bisher verlaufen diese Versuche (Anmerkung von mir: u. a. mit Venezuelaamazonen - wobei sich die Venezuelaamazone Laura als begeisterte und versierte "Hütchenspielerin" hervortut) bereits sehr vielversprechend (...)."


    Aber interessanter Weise hatten die bisher untersuchten Papageien (von Ausnahmen - s. o. - abgesehen) im Gegensatz zu den Kolkraben ihre (Zitat) "liebe Not" (Zitat Ende) mit folgendem Versuch: Den Vögeln wurden zwei Becher präsentiert. Einer davon enthielt Futter. Gezeigt wurde nur der Becher, unter dem sich kein Leckerbissen befand. Die Kolkraben zogen allesamt den treffenden Schluß, daß das Futter unter dem anderen Becher sein muß. Bei den Papageien war die Fehlerquote ziemlich hoch. Hierzu der Projektmitarbeiter Kotrschal: "Der Grund liegt in der Verschiedenartigkeit ihrer Lebensweisen und Umweltbedingungen. Kolkraben gelten als klassische Futterverstecker. Sie müssen sich gegenüber Nahrungskonkurrenten aus den eigenen Reihen und Freßfeinden durchsetzen. Die getesteten Papageien haben mit diesen Problemen nicht zu kämpfen."


    Als Zwischenfazit treffen die Wissenschaftler des KLI die Feststellung: "Rabenvögel erweisen sich als außerordentlich begabte Problemlöser. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Lebensbedingungen nutzen die verschiedenen Arten ihre kognitiven Fähigkeiten anders als die ebenso intelligenten Papageien."


    Quelle:
    Konrad-Lorenz-Forschungsstation (Grünau) - Institute for Evolution and Cognition Research / Projektstudie "Reasoning in birds" / zusammenfassend:
    Schlögl, Ch. (2009): Das Wissen der Papageien, in: PapageienNews, Heft 1, Juni 2009, Arbeitsgemeinschaft Papageienschutz, Wien


    Was die Entwicklung von Intelligenz betrifft stehen einander derzeit zwei Theorien gegenüber: Die Adaptivitätstheorie" geht davon aus, daß jede Art sehr spezifische Intelligenzleistungen entwickelt; die "General-Intelligence-Hypothese" besagt, daß der evolutionöre Druck, der zur Entwicklung von höherer Intelligenz führte, eine Art genereller Intelligenz hervorbrachte. Kotrschal, Schlögl und ihr Team tendieren eher zur speziellen Anpassungstheorie.


    Nochmals Schlögl zu Projektzielen und Mitarbeitern: "Currently, I use a comparative approach, investigating reasoning abilities in a number of corvid and parrot species. Ultimately, we hope to understand the socio-ecological factors leading to the evolution of the cognitive abilities of these big-brained birds. For this project, we are collaborating with a number of researchers from other institutions. Among our collaboration partners are Prof. Ludwig Huber and Dr. Gyula Gajdon (University of Vienna), Prof. Alex Kacelnik and Dr. Auguste von Bayern (University of Oxford), Dr. Paolo Zucca (University of Trieste) and the ARGE Papageienschutz in Vienna."


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
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  • Hallo Heidrun ;


    vielen Dank für die ausführliche Antwort ( das Thema wird so oder so angeschlagen ( gepint ) ) :)


    Zitat

    Verschiedene Arten leben in verschiedenen Lebensräumen mit verschiedenen klimatischen Zonen, verschiedener Vegetation und verschiedener Begleitfauna. Sie sind im jeweiligen Umfeld "entstanden" und haben sich im jeweiligen "Umfeld" (weiter)entwickelt. Physis und Verhalten sind an die originären Lebensräume "angepaßt". Physis und Verhalten stehen in gegenseitiger Wechselwirkung und sind hinsichtlich Genese und Ausgestaltung reaktive Folge der Entwicklung in einem ganz speziellen Lebensraum. Derart komplexe evolutionäre und coevolutionäre Prozesse vollziehen sich nicht "schnell", sondern innerhalb langer (Zeit)Spannen. Man bezeichnet sie als "träge".


    Dazu fällt mir jetzt spontan ungleiche " zusammensetzungen " von Papageienarten ein . Inklusive dem nachstehendem Zitat .


    Zitat

    Je besser es Tieren gelingt, sich Änderungen ihres Lebensumfeldes anzupassen, desto größer sind ihre Chancen, über lange Zeiträume als Individuen und Art zu überleben. Ändern sich Umweltparameter auf Grund anthropogener oder sonstiger Einflüsse dynamisch, scheiden körperliche Anpassungen - die sich nur in evolutionären Spannen vollziehen (können) - als Kompensationsmöglichkeit aus. Anpassungen des Verhaltens, adaptive Modifikationen des Verhaltens und/oder das "Erfinden" neuer Verhaltensweisen sind gefordert. Sind (über)lebensnotwendige Anpassungen auf der Verhaltensebene komplexer Natur, sind sie nur von solchen Tierarten zu leisen, die über einen entsprechend gut ausgestatteten kognitiven Apparat verfügen.


    Es geht doch keineswegs um einen " Arterhalt " an sich in Gefangenschaftshaltung , lediglich um des " habens wollen " ( Halter will Tiere halten ) . Aufgrund dieser kognitiven Fähigkeit , ist der Vogel sehr wohl in der Lage mit andersartigen zu komunuzieren / auszukommen . ( siehe Kakadu und Amazone oder Kongo und Timneh oder HR und GB ) So ist es oft zu lesen von Befürwortern solch einer Zusammenstellung . Hierbei wird sich dann dem artübergreifenden Verhalten bedient ( Federabstellen beim Drohen / Fußabstellen um den anderen auf Distanz zu halten / sogar das abstellen der Haubenfedern ( kakadu ) soll eine Ama oder Grauer nach Gewisser Zeit erkennen und dieses Verhalten deuten .


    Ich möchte nochmals in diesem Thema sagen , das ich mit Training oder ungleichen Zusammenstellungen nicht konform gehe --------------das weißt Du aber 8) . Es geht mir vielmehr darum ein Verständniß dafür zu entwickeln wie was zusammenhängt --------------und das aus der Sicht des Vogels .


    Zitat

    An- und Wegdressuren verschiedener Verhaltensweisen per "conditioning by reinforcement" (z. B. mittels dem sog. Klickern) sind u. a. bei Papageienvögeln natürlich grundsätzlich möglich. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man sich derartige Methoden (Anmerkung: die hierfür erforderliche Vertrautheit ist auch anders herstellbar) beispielsweise dafür zunutze macht, daß man "seine" Vögel für den Fall (notwendiger) Transporte (Stichwort: Tierarztbesuch) weitgehend streßfrei einfangen, auf den Arm oder einen Stock nehmen kann.


    Das sehe ich anders weil nur kurzfristig gedacht . Sicherlich kann es dem Vogel mit Erfolgserlebnißen vermittelt werden in die Kiste zu steigen . Wird dieser beim TA fixiert mit anschließendem Rachen und Kloakenabstrich " verarztet " --------------wird sich dieser ( ich mein jetzt den Vogel ;) ) sehr wohl an dieses unangenehme Erlebniß erinnern ( kognitive Fähigkeit ).


    Zitat

    Ansonsten benötigen Papageien kein "Verhaltenstraining", sondern ein Lebensumfeld, welches - soweit unter Haltungsbedingungen machbar - ihrer Physis und Ethologie


    An dieser Stelle würde sich jetzt für die Befürworter solches Trainings die Frage auftun : Warum soll ich sonst kein Verhaltenstraining dem Vogel beibringen ? Er macht es gern , hat dadurch Abwechslung und Spaß ----------------alles in allem eine Tagesbereicherung für den Vogel . Sicherlich kann man hierbei differenzieren zwischen Sinn und Unsinn --------------diese Grenze ist sehr subjektiv .


    Zitat

    Auf den Halter fehlgerichtetes und/oder fehladressiertes Sexualverhalten (Stichwort: Kopulationsversuche an/auf der menschlichen Hand), das oftmals als begründende Notwendigkeit für wegkonditionierende Maßnahmen angeführt wird, resultiert fast ausschließlich aus inadäquaten Haltungsbedingungen (Haltung im direkten Wohnumfeld, Einzelhaltung, zu starker Menschenbezug etc.).


    Wenn es dies bloß wäre , wie Du aber sicherlich weißt sind Probleme durch gezielte Angriffe oder schreierein ganz oben in der Skala . Diese sollen damit in den Griff bekommen werden , so hab ich es gelesen , Eigenerfahrungen hab ich dazu keine . Wenn dem so wäre , wäre doch allen geholfen . Dem Vogel , dem Halter und alle sind happy . Was wird nun anders in dem Vogel ???????????? Umadressiertes Verhalten , weil triebgesteuerte Verhaltensweisen nicht abzutrainieren sind ? Dies soll sich aber mittels training und lernfähigkeit realisieren lassen .


    Zitat

    In derartigen Fällen ist eine grundlegende Änderung der Haltungsumstände und der "Einstellung zum Tier" das rational begründbare "Mittel der Wahl". Es kann nicht darum gehen, Papageien "leichter kontrollierbar" und in Wohnstuben "integrierbar" zu machen (Anmerkung: in selbigen sind sie aus naheliegenden Gründen tatsächlich am wenigsten kontrollierbar), sondern es muß darum gehen, ihnen ein möglichst artadäquates (ungestörtes und eigenständiges) Refugium zu bieten, welches das Ausleben auch für den Halter unangenehmer Verhaltenselemente gewährleistet.


    Heidrun ; noch mal zur Erinnerung : Halter will eine Beziehung zum Tier ( betonung liegt auf Halter )


    Vieleicht eine Sarkasmusfrage : warum bekommt man den Papageien durch positive verstärkung nicht das Rupfen abgewöhnt :?:


    Siehe Anhang ; habe den beiden ne Nuß versprochen für ein gegenseitiges Auskommen 8)


    Zu den Rabenvögeln hab ich mal ne Doku gesehen , an die kam im Punkto Klugheit der Papagei nicht mal ansatzweise ran ( fressen erlangen / im Spiegelbild aufgeklebten Punkt erkennen und ( Fremdkörper )entfernen .


    MFG Jens

  • Hallo Jens,


    die vielfach proklamierte "Notwendigkeit", Papageien mittels konditionierender Maßnahmen "wohnungstauglich" machen zu können (oder gar: machen zu müssen), zeugt unabhängig der Erfolgsaussichten von einer jenseits biologischer Sinnhaftigkeit angesiedelten anthropomorphen Einstellung zum Wildtier Papagei. Nicht zuletzt die derzeit den Markt regelrecht überschwemmenden Ratgeberbüchlein, Kursangebote und "Vor-Ort-Beratungen" sog. "Behavioural-Consultants" tragen mit dazu bei, ein völlig verfehltes und jenseits der biologischen Gegebenheiten angesiedeltes Bild des Wildtieres Papagei zu vermitteln und letztlich zu etablieren. Auch (und gerade) die Probleme (Stichworte: Anfliegen, Beissen, Zerstören von Einrichtungsgegenständen, Schreien während des gemütlichen Fernsehabends etc.) welche durch verhaltensbeeinflussende Maßnahmen abgemildert oder behoben werden sollen, treten vermehrt und gerade dann, dort und erst deswegen auf, wenn und weil Papageien in das direkte Wohn- und Lebensumfeld der Halter integriert sind (bzw. eine derartige Haltungsform angestrebt wird). Andrea Juppien: "Behavioural disorders of parrots in captivity represent a significant problem for keepers, breeders and veterinarians (...). It can be concluded, that in the case of all types of behavioural disorders under examination, there is an interdependence between poor conditions in therms of keeping and care, and the distinctive behaviour shown." (Juppien, A. (1996): Behavioural disorders of large parrots, Diss., Universität Gießen)


    Der Ansatz einer vernunftsmäßigen Lösung kann nur darin bestehen, derart problembehaftete Haltungsformen zu vermeiden, statt mit dem Verhalten der Tiere (zudem meist laienhaft und bestenfalls mit "Crashkurswissen" aus diversen Ratgebern ausgestattet) zu experimentieren.


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)