Entflogene Amazone einfangen

  • Hallo,


    ich bin sowas von ratlos ?( .


    Vor ziemlich genau einem halben Jahr (Mitte Juni) ist einer Kollegin eine junge Gelbscheitelamazone aus meiner Vermittlung entflogen.


    Am Samstag wurde sie wieder gesichtet, die Dame sitzt in einem 20 Meter hohen Buchenbaum am Waldrand und ruft freudig "Haaaalllooo" herunter. Ich sah sie durch das Fernglas, Romi sieht wirklich gut aus und scheint munter zu sein.


    Seit 2 Tagen wird sie jetzt durchweg beobachtet, ob man evtl. einen Schlafplatz ausfindig machen kann, aber sie scheint in einer nebenanliegenden hohen Tanne zu übernachten. Viel zu hoch, da kommt man ebenfalls nicht ran. Alles wurde schon versucht, sie herunter zu locken :( . Andere Amazonen in den Umkreis gestellt, gewohnte Geräusche, gewohnte Personen, allmögliches Futter...wir sind einfach ratlos, wir haben keine Idee mehr, wie wir sie bekommen könnten.


    Für mich ist es ein Wunder, daß sie noch lebt. Das Fräulein ist clever und scheint sich gut helfen zu können. Aber wie lange noch ?( ?


    Desweiteren weiß ich nicht, falls wir sie doch irgendwie noch einfangen sollten, wohin mit ihr. Es wäre in meinen Augen Quälerei, sie nochmal einzusperren in kleinen Volieren oder womöglich in Käfigen. Ich frage mich so langsam wirklich, ob es nicht besser wäre, sie in Ruhe zu lassen, damit sie ihr Leben in Freiheit genießen kann.


    Vielleicht kann mir jemand gute Tipps geben und eben die Frage beantworten, ob sie den Winter überleben kann und was man evtl. beachten sollte.

  • Hallo Ina,


    ohoh, da stehen schwierige Entscheidungen an. Handelte es sich um meinen Vogel, würde ich erst mal alles versuchen, um ihn wieder einzufangen. Würde das mißlingen, würde ich schweren Herzens und mit einem schlechten Gewissen einen zweiten hinterher schicken.


    Ob die Amazone den Winter überleben kann, das hat etwas mit den zu erwartenden Temperaturen zu tun.


    Gruß
    Heidrun

    Ist eine Sache einmal verdorben, so nutzt es nichts mehr, im Nachhinein mit "Liebe" und "Pflicht" herumzufuchteln. (lieh-tzu)
    Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. (Albert Schweitzer)

  • Hallo Heidrun,


    der jetzige Besitzer hat heute mit einem erfahrenen Falkner telefoniert, er scheint eine Ausrüstung zum Besteigen von so hohen Bäumen zu haben, auch scheinbar eine gewisse "Fangerfahrung" zu haben. Ich glaube, das wäre die einzigste Chance.


    Jetzt habe ich aber mal eine Frage speziell an dich. Es wurde in den Raum geschmissen, den Vogel "besoffen" zu machen. Auch im Amazonas würden wildlebende Vögel mit dieser Methode eingefangen werden. So gäbe es einen Baum, der stark alkoholhaltigen Saft aus der Rinde geben würde, auf das die Vögel angeblich ganz scharf wären. Die Amazonen würden ein Enzym entwickeln, das den Alkohol sehr schnell abbauen würde und es hätte keinerlei Nebenwirkungen. Die Vögel wären quasi flugunfähig (turtelig), würden wie eine "Mücke" vom Baum fallen ?( . Ich stehe mit solchen Experimenten natürlich mehr als kritisch gegenüber, meine Angst wäre, daß ein Vogel somit schnell zur Beute werden könnte, wenn er eben nicht gerade mal so vom Baum fallen würde.Desweiteren kann ich mir nicht vorstellen, daß Alkohol wirklich so unschädlich für eine Vogelleber sein kann, womöglich ihn mit unserem "heimischen Schnaps" nicht sogar töten würde.


    Kannst du zu dieser Fang- Methode etwas sagen? Oder ist das (wie ich vermute) Humbug?


    Danke dir vorab,

  • Hallo Ina,


    es ist mehr als unwahrscheinlich, daß eine entflogene Amazone ausgerechnet durch mit Alkohol (welche Konzentration?) versetzte Früchte vom beobachteten Aufenthaltsort (Baum) gelockt werden kann, davon frißt und, weil "benebelt", sich problemlos "eintüten" läßt. Von einem vogelungefährlichen Baumsaft (Harz) mit Alkoholanteil, welches für Fangzwecke Verwendung findet, ist mir nichts bekannt. Ich kenne lediglich eine Filmdokumentation (Auschnitt), die zeigt, daß afrikanische Säuger und auch Vögel gelegentlich (scheinbar gezielt) zu Boden gefallene und vergorene Früchte mit entsprechendem Alkoholgehalt futtern und danach ganz augenscheinlich "besoffen" durch den Urwald torkeln. Meine Meinung: Ich halte diese Methode (von den Unwägbarkeiten abgesehen) im geschilderten Fall für gänzlich untauglich. Sollte die Amazone nicht bei Annäherungen an den Baum direkt auffliegen, so wäre es, sofern der Baum irgendwie besteigbar ist, eine m. E. tauglichere Möglichkeit, es mittels Fangnetz und/oder Käscher zu versuchen. Sollte die Amazone den beschriebenen Baum permanent aufsuchen, könnte man es auch mit einer körner- und obstbestückten Falle (z. B. Käfig mit Zugseil) versuchen. Vielleicht gelingt Euch die Fangaktion, sobald die Temperaturen runtergehen und das Nahrungsangebot knapper wird.


    Ich wünsche Euch die richtige Entscheidung und ganz viel Geduld und Glück.


    Gruß
    Heidrun

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  • Hallo Heidrun,


    danke für deine Antwort. Wir sind da mit der Fangmethode einer Meinung, auch mir wäre Alkohol nie in den Kopf gekommen.


    Den Film kannte ich (ich schmunzele jetzt noch drüber :D ). Über diesen besagten Baumharz werde ich mich mal weiter erkunden, eigentlich aber nur interessehalber.


    Über die Enzyme werde ich mal meinen Doc in Luxemburg fragen, inwieweit Alkohol wirklich unschädlich sein soll. Der müßte es ja eigentlich wissen. .


    Dankeschön nochmal :) !

  • Hallo,
    m.E. ist die Überlebenschance einer unerfahrenen Einzelamazone im Winter gering. Auch würde ich einer Einfangaktion wenig Erfolg einräumen, wenn der Vogel nicht sehr zahm oder sehr geschwächt ist. Evtl. in der Dunkelheit mit einem Nachtsichtgerät, wenn der Standort des Vogels bekannt ist (Schlafbaum).
    Ich würde der Methode, einen amazonischen Artgenossen zu präsentieren (möglichst gegengeschlechtlich), den Vorzug geben. Zumindest würde ich erwarten, dass der Vogel sich mehr annähert als bei anderen Methoden. In jedem Fall wäre eine engmaschige Beobachtung im Winter erforderlich. Wenn das Futterangebot sich verschlechtert, wird der Amazone nichts anderes übrig bleiben, als sich in Menschennähe zu begeben.
    Eine feste Futter- und Wasserstelle, wäre das einzurichten?
    Alles sehr schwierig zu realisieren, insbesondere auch einen Lockvogel bei der zu erwartenden Kälte im Käfig stehen zu lassen.
    Kann man ein Netzwerk an Beobachtern aufbauen, um den Radius und Lieblingsplätze auszuloten?

    Schönes Leben!


    Denken ist die Arbeit des Intellekts, Träumen sein Vergnügen


    Victor Hugo
    (1802-1885 franz. Schriftsteller)