Auszüge aus:
Voss, I. (2009): Die Bedeutung der Paarbindung für das Fortpflanzungspotential von Papageienvögeln (Psittaciformes): Vergleichende Untersuchung zu Hormonstatus und Verhalten, Diss., Wissenschaftsdisziplin Ökoethologie, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Universität Potsdam
Bemerkenswert: Gerade die zunehmend auch in koordinierten Erhaltungszuchtprojekten angewandte Methode der Handaufzucht wird als Ursache für schlechte Reproduktionserfolge explizit benannt und kritisiert. Ebenfalls kritisch betrachtet wird die Gefährdung arttypischen Verhaltens durch über mehrere Generationen erfolgte Haltungen unter nicht "verhaltens- und artgerechten" Bedingungen.
"Die Missachtung des natürlichen Verhaltens von Arten zeigt sich in der großen Anzahl gescheiterter Auswilderungsversuche und in schlechten Nachzuchterfolgen (Curio, 1996). (...) Bei vielen bedrohten Arten von Großpapageien ist die Nachzucht in Menschenobhut in der Vergangenheit nur sporadisch gelungen, das bedeutet, es gibt oft nur wenige Brutpaare mit einer großen Produktivität gegenüber vielen Individuen, die sich nie fortpflanzen. Gründe hierfür sind die häufig bei der Zucht von Papageien angewendeten Techniken, wie die Handaufzucht und die Zwangsverpaarung (Derrickson und Snyder, 1997). (...) Der Bruterfolg ist besonders bei bedrohten Arten unausgeglichen und unzureichend. Gründe hierfür sind unter anderem, daß Populationen bedrohter Arten in Menschenobhut bereits auf relativ kleine Wildpopulationen zurückgehen, was zu einer Reduzierung der genetischen Diversität geführt haben kann (Allendorf und Leary, 1986; Danielle und Murray, 1986; Ralls und Ballou, 1983). (...) Papageien sind in der Partnerwahl sehr anspruchsvoll und daher ist eine Verpaarung nach genetischen Aspekten äußerst schwierig. (...) Hinzu kommt, dass Großpapageien über ein komplexes Sozialverhalten verfügen und sich individuell erkennen (Wanker et al., 2005; Munkes und Schrooten, 2005). (...) Weitere Ursachen können auf die Haltung in Menschenobhut zurückzuführen sein (Millam et al., 1988 ), die nur schwer den natürlichen Bedürfnissen anzupassen ist. (...) Arttypisches Verhalten ist durch die Haltung über mehrere Generationen gefährdet, da das Leben in einem nicht verhaltens- und artgerechten Haltungssystem zur Ausbildung von Stereotypien (...) und Lethargie führen kann (Meyer-Holzapfel, 1968 )."
Anmerkung: Unterstreichungen von mir
Primärquellen:
Allendorf, F. W. & R. F. Leary (1986): Heterozygosity and fitness in natural pupulations of animals, Conservation biology: The science of scarcity and diversity, M. E. Soule (ed.), Sunderland, Massachusetts, Sinauer
Curio, E. (1996): Conservation needs ethology, TREE. Vol. 11, No. 6
Danielle, A. & N. D. Murray (1986): Effects of inbreeding in the Budgeriar (Melopsittacus undulates) (Aves: Plittacidae), Zoo. Biol. 5, 233 - 238
Derrickson, S. R. & N. F. R. Snyder (1997): Potentials and Limits of Captive Breeding in Parrot Conservation, in: New World Parrots in Crisis: Solutions from conservation biology, Beissinger, S. & N. F. R. Snyder (eds)
Meyer-Holzapfel, M. (1968): Abnormal behavior in zoo animals, in: Fox, MW. (ed)
Munkes, V. & H. Schrooten (2005): Aggressive Verhaltensweisen von Papageien - Bedeutung innerartlicher Regulative, Papageien 8/2005
Wanker, R., Y. Suguma & S. Prinage (2005): Vocal labelling of social companions in spectacled parrotlets (Forpus conspicillatus), Animal Behaviour 70, 111 - 118
Ralls, K. & J. Ballou (1983): Extenctions: lessons from zoos, 164 - 184, in: Genetics and conservation, Schoenwald-Cox, C. M., Chambers, B. Mac-Bride & L. Thomes (eds.), Menlo Park, California, Benjamin / Cummings
Gruß
Heidrun