Vogelauge

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    .... P a p a g e i e n

    .... die andere Seite ....

    .... Mythos und Realität ....


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    Bilder und Berichte, die zu einer "Vermenschlichung" dieser faszinierenden Mitgeschöpfe beitragen und Papageienvögel auf ein "Heim- und Schmusetierniveau" reduzieren, welches den Ansprüchen an eine halbwegs artgemäße Haltung entgegensteht, werden Sie auf unseren Seiten vergeblich suchen.


    Sie werden auf unseren Seiten u. a. Berichte und Bilder finden, die zu einem besseren Verständnis des natürlichen Verhaltens und zu einer Verbesserung der Bedingungen der Gefangenschaftshaltung beitragen sollen.


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    Vogelauge



    Foto: Christian Hesse


    Vögel sind sogenannte Tetrachromaten. Ihre Netzhaut besitzt vier Typen von Farbrezeptoren oder Zapfen. Der Mensch verfügt über Rezeptoren für die Farben rot, grün und blau. Bei den Vögeln ist ein vierter Rezeptor für den Gelbbereich vorhanden. Dieser vierte Zapfentyp stellt gleichzeitig einen Rezeptor für ultraviolettes Licht dar. Farbsehen, und dabei sehr bedeutsam das UV-Sehen, dienen der Verständigung zwischen den Artmitgliedern, besonders zur Erkennung der Gefiederfarben, des Geschlechts und des Individuums.


    Vögel sehen mit einer zeitlichen Auflösung von 150 bis 200 Bildern pro Sekunde. Das Auflösungsvermögen der Vögel übersteigt damit die Auflösungsfähigkeit des menschlichen Auges mit 23 bis 25 Bildern pro Sekunde bei weitem (Spitzer, 2003). Papageien verfügen über einen hoch entwickelten Apparat zur Verarbeitung optischer Reize.


    Einige Auszüge aus einer Dissertation (Steigerwald, K., 2006): "So ergibt sich, dass ca. 85 % der Befragten unwissend in Bezug auf die UVPerzeption ihrer Vögel sind, obwohl sie teilweise über mehrere Jahre ihre Vögel bereits betreuen. Ebenfalls scheint die schädliche Wirkung der Fernseher und PCMonitore (...) noch nicht in das Bewusstsein der Vogelhalter vorgedrungen zu sein, denn über 50 % haben den Käfig so aufgestellt, dass dieser im Blickfeld des Vogels liegt.


    (...)


    Die Probleme, die sich im Zusammenhang mit dem fehlenden UV-Spektrum, dem Flackerlicht aus den Leuchtstofflampen und dem Fernseher, (...) ergeben, könnten sich als Verhaltensänderungen wie Federzupfen, erhöhte Aggressivität oder sexuelle Frustration, vermehrte Müdigkeit, Unruhe und Legenot äußern.


    (...)


    Abgesehen von dem bewusst erlebten Flicker kann sich auch der unbewusst empfundene Flicker negativ auf den Organismus auswirken. Konventionelle Leuchtstoffröhren oder HID Lampen, aber auch Fernseher oder PC-Monitore sind im Hinblick auf ihre Flickereigenschaft als gesundheitsbeeinträchtigendes Risiko für den Vogel zu betrachten. (...)"




    Foto: Martina Vogel


    Interessant ist der Hinweis von Pohland und Mullen (2006) darauf, daß die Fähigkeit des UV-Sehens auch in stark bewaldeten, also lichtarmen Gebieten nicht, wie anzunehmen wäre, eingeschränkt ist. Sie verweisen darauf, daß durch die "Lücken im Blätterdach (...) das Umgebungslicht vom durchscheinenden blauen Himmelslicht bestimmt" wird, ein "außerordentlich hoher UV-Anteil in diesem Habitat" verfügbar ist und das von den Blättern absorbierte UV-Licht "einen starken Kontrast" bietet. Ihr Fazit: "Die Vögel haben so eine gute Möglichkeit, ihren Artgenossen aufzufallen."


    Das Erkennen kleinerer Objekte vor mehrfarbigem Hintergrund wird vom Farbsehen stark unterstützt, denn dieses liefert die notwendigen Kontraste. Bei Primaten wird vermutet, daß sich das Farbsehen speziell zu dem Zweck entwickelt haben könnte, im Wald die Früchte besser zu erkennen. Farbsehen im UV-Bereich könnte den Vögeln auch dabei helfen, reife von unreifen Früchten zu unterscheiden (Altshuller, 2001).


    Weil bestimmte, für Papageien gesundheitsschädliche Stoffe unter ultraviolettem Licht fluoreszieren, wäre es möglich, daß die Vögel diese gezielt meiden. Beispielsweise Aflatoxine, die in Schimmelpilzen enthalten sind, werden im UV-Bereich als fluoreszierend wahrgenommen (Engelhardt, 2005).


    Studien legen außerdem nahe, daß UV-Sehen eine Bedeutung hinsichtlich Paarfindung und Balz haben kann. Mit der Methode der Spektrometrie fotografierten die Biologen Pohland und Mullen unter Einfluß von UV-Licht Gefiederreflexionen unterschiedlicher Art bei zahlreichen Papageienarten. Der Wahl geeigneter Beleuchtungskörper kommt daher eine große Bedeutung zu. Zu dieser Thematik finden Sie hier einen aussagekräftigen Artikel.




    Foto: Heidrun Schrooten





    Literatur
    Altshuller, D. L. (2001): Ultraviolet reflectance in fruits, ambient light composition and fruit removal in a tropical forest, Evolutionary Ecology Research 3, 767 - 778


    Engelhardt, G. (2005): Aflatoxine, Bay. Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz


    Pohland G. & P. Mullen (2006): Die wirklichen Farben der Papageien, in: PAPAGEIEN, Arndt Verlag, Bretten, S. 280-286


    Spitzer, G. (2003): Die Physiologie des Vogelauges - aktueller Wissensstand und offene Fragen, in: Bericht über Internationalen Workshop "Vogelschlag", Wiener Umweltanwaltschaft, 28.11.2003


    Steigerwald, K. (2006): Sehleistung des Vogelauges - Perspektiven und Konsequenzen für die Haltung von Zier- und Wirtschaftsgeflügel unter Kunstlichtbedingungen, Klinik für Vögel, Ludwig-Maximilians-Universität, München, S. 298 ff.



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