Handel mit Papageien

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    Bilder und Berichte, die zu einer "Vermenschlichung" dieser faszinierenden Mitgeschöpfe beitragen und Papageienvögel auf ein "Heim- und Schmusetierniveau" reduzieren, welches den Ansprüchen an eine halbwegs artgemäße Haltung entgegensteht, werden Sie auf unseren Seiten vergeblich suchen.


    Sie werden auf unseren Seiten u. a. Berichte und Bilder finden, die zu einem besseren Verständnis des natürlichen Verhaltens und zu einer Verbesserung der Bedingungen der Gefangenschaftshaltung beitragen sollen.


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    Der Handel mit Papageien




    Auslage bei einer Tiermesse in Rheinberg 2004
    Foto: Heidrun Schrooten



    Klartext: Papageien sind eine Ware! Wie eine solche werden sie oft auch ge- und behandelt. Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt. Jeder mit genügend "Kleingeld" ausgestattete Interessent kann (fast) alle - auch heikle - Arten erwerben. Die zu erfüllenden u. a. rechtlichen Voraussetzungen (Anmeldepflicht) sind gering und stellen keine Hürde dar. Erfahrung und Sachkunde sind nicht notwendig.


    Nachdem im Jahre 1930 zum ersten Mal eine bis dahin unbekannte und lebensgefährliche Krankheit, die Psittakose (Papageienkrankheit) auftrat, wurde im Jahre 1934 ein striktes Einfuhrverbot verhängt, welches im Jahre 1964 wieder aufgehoben wurde. Danach kam es in den USA und den europäischen Staaten zu einem regelrechten Run auf gefiederte Exoten.


    Papageien repräsentieren die größte Gruppe im internationalen Handel mit Wildentnahmen. Die Einfuhrzahlen der Wildbahn entnommenen Papageienvögel für den europäischen Heimtiermarkt unterlagen in den vergangenen Jahrzehnten erheblichen Schwankungen. Ungeachtet der Tatsache, dass zu Biologie, Ökologie und Bestandzahlen vieler Arten in den Ursprungsgebieten immer noch keine verlässlichen Angaben vorliegen, wurden bis zum Inkrafttreten des zur Vogelgrippe-Prävention verhängten Einfuhrstops in Staaten der EU beträchtliche Mengen von Arten mit ungeklärtem Freilandstatus importiert.


    Die offiziellen Importzahlen zeigen deutlich, dass die Staaten der Europäischen Gemeinschaft als Bestimmungsländer der Wildbahn entnommener Vögel einen maßgeblichen Einfluss auf das Handelsgeschehen ausüben. Einen zahlenmäßig hohen Anteil in die Staaten der EU exportierter Wildentnahmen repräsentieren die Papageien. Bei einer Gesamtbetrachtung ist festzustellen, dass der Gefährdungsstatus (auch) vieler Neuweltarten unklar, und von daher ein Einbringen von Wildentnahmen in den Handel mit vielen Unwägbarkeiten befrachtet ist.


    Bei einer der mit 26.076 Exportexemplaren meistgehandelten Amazonenarten, der Gelbwangenamazone (Amazona autumnalis), sind im Exportland Nicaragua erhebliche Populationsrückgänge, die neben weiteren Faktoren auch auf den Handel mit Wildentnahmen zurückgeführt werden, zu verzeichnen. Gleiches gilt für die Gelbnackenamazone (Amazona auropalliata auropalliata) und die Mülleramazone (Amazona farinosa). Für die Mülleramazone wurden in Nicaragua im Jahr 1999 nur noch 16 Sichtungen dokumentiert. Weitere Auftragsstudien für CITES kommen zu dem Ergebnis, dass die Bestände mehrerer nicaraguanischer Papageienarten durch den Handel mit Wildfängen signifikant gefährdet sind.




    Foto: http://www.lorobolivia.com



    Im Jahr 1995 war Amazona auropalliata in Nicaragua mit ca. 287.000 Exemplaren vertreten. Vier Jahre später (1999) waren nur noch ca. 85.000 Exemplare vorhanden. TRAFFIC weist hinsichtlich der Ursächlichkeiten für den Rückgang auf den starken Handel (Export) nach Nordamerika und Europa hin. Die Gesamtpopulationsstärke von Amazona oratrix hat sich laut Expertenmeinung seit 1970 um mehr als 90 % und um mehr als 68 % in den letzten 10 Jahren reduziert. Für Mexico wird die Population derzeit auf weniger als 10.000 Exemplare, für Guatemala auf nur noch einige hundert Exemplare geschätzt. Als Ursachen werden ein übermäßiger Handel mit Wildentnahmen und Habitatzerstörung benannt. Die Kombination dieser beiden Faktoren stellt auch nach COLLAR & JUNIPER (1992) den wesentlichsten Bedrohungsaspekt dar.


    Argentinien hat trotz der Bedenken und Einwendungen die Exportquote für Blaustirnamazonen (Amazona aestiva) von 1.000 legal auszuführenden Wildentnahmen im Jahr 1998 auf 6.700 Exemplare im Jahr 2005 erhöht. Laut Bucher, einem der renommiertesten argentinischen Fachwissenschaftler, werden in Argentinien jährlich ca. 1/3 der Jungvögel von Amazona aestiva aus den Nestern entnommen und dem Handel zugeführt. Bestandseinbrüche seien die zu erwartende Folge. Von den EU-Mitgliedsstaaten wurden 1996 bis 2002 insgesamt 65.000 der Wildbahn entnommener Venezuelaamazonen (Amazona amazonica) eingeführt.


    Amazona amazonica wurde in CITES-Anhang II übernommen, weil die Bestände zwar derzeit noch als durch den Handel mit Wildentnahmen nicht unmittelbar gefährdet scheinen, sich jedoch bei anhaltenden hohen Fangquoten Verschlechterungen der Bestandssituation nicht ausschließen lassen. Im Jahr 2001 wurden von der Gelbkopfamazone (Amazona oratrix) in Punta de Manabique (Guatemala), einem der bestbeobachteten Übernachtungsstellen, nur noch 70 Exemplare gezählt. Schon 1994 ergab ein Zensus einen beträchtlichen Rückgang. Die Gesamtpopulation wird auf nur noch 7.000 Exemplare geschätzt. In den 70iger Jahres des vorigen Jahrhunderts waren noch ca. 700.000 Exemplare präsent. Eisermann führt die Bestandseinbrüche u. a. auf den (mit Einschränkungen) bis 2002 legalen Fang und Handel zurück. Allein Mexiko exportierte von 1982 bis 1989 86.000 Exemplare. Erst im Jahr 2002 erfolgte die Hochstufung von Amazona oratrix von CITES-Anhang II nach CITES-Anhang I.


    Die Hauptabnehmer für Exporte sowohl der Altwelt- als auch der Neuweltarten waren bis 2005 (Einfuhrverbot aus Gründen der Vogelgrippe-Prävention) die Länder der Europäischen Gemeinschaft und ihre Beitrittsstaaten. Bis zum Inkrafttreten des wegen H5N1-Prävention verhängten befristeten Importverbots wurden Psittaziden in über die Jahre hinweg unterschiedlichen Quanitäten und zuletzt wieder ansteigender Tendenz in Staaten der Europäischen Gemeinschaft eingeführt. Die EU-Staaten rangierten an der Spitze der Abnehmerländer. Für viele der importierten Arten ist der Gefährdungsstatus nach wie vor ungeklärt. Matthias E. Hummel hat dazu treffend ausgeführt: "Das Vorsorgeprinzip besagt, daß bei unzureichendem Kenntnisstand über eine Art nicht von vornherein von gesicherten Beständen ausgegangen werden darf, sondern nur dann, wenn klare, wissenschaftlich fundierte Aussagen bezüglich der Größe der Freilandpopulationen getroffen werden können." Bestehende Ausfuhrquoten für CITES-Anhang-II-Arten wurden in gravierendem Ausmaß überschritten. Quoten wurden trotz vorliegender Hinweise auf zu erwartende oder bereits eingetretene Bestandsgefährdungen durch Exportnationen teilweise drastisch erhöht - in einigen Fällen um ein Mehrfaches (Beispiel: Exportquote Blaustirnamazone / Argentinien).




    Foto: http://www.lorobolivia.com



    Fang und Export verursachen Verluste. Ein beträchtlicher Anteil der Wildentnahmen kommt beim Fang selbst, dem anschließenden Transport und während der Verweildauer in Zwischen- und Quarantänestationen zu Tode. Kratter beziffert die Präexport-Verlustraten beim Papageienfang- und -handel in Guayana auf ca. 7 % Verlust beim Fang, 5 % beim Zwischenhandel und 3 % beim Exporteur. Das ergibt eine Gesamt-Präexport-Mortalität von 15 %.


    Rutschmann-Fröhlich beziffert die Transportmortalität bei Wildvögeln (während der Überführung vom jeweiligen Ausfuhrland nach Deutschland) auf durchschnittlich 2,8 %. Steinmetz et al. gehen von einem niedrigeren Wert (1,4 %) aus. Ebenfalls nach Steinmetz et al. beträgt die durchnittliche Mortalität während der Verweildauer in den Quarantänestationen (Deutschland) 2,7 %. Bei einigen Importen und Arten sind allerdings während der Quarantänezeit (Deutschland) drastisch höhere durchschnittliche Verluste zu verzeichnen. So beschrieben Steinmetz et al. im Rahmen der vorerwähnten Studie bei Amazona finschi Quarantäne-Mortalitäten von 26,7 %.


    Frage an die Bundesregierung: "Wie beurteilt die Bundesregierung, dass die Europäische Kommission bei der Wahrnehmung der gesetzlichen Rechtsgrundlagen nach Artikel 4 Abs. 6 Buchstabe c der EG VO Nr. 338/97 im Hinblikck auf die Transportsterblichkeit bisher nicht tätig geworden ist?" Antwort der Bundesregierung: "Bisher wurden in der EU keine Einfuhrbeschränkungen für transportsensible Arten beschlossen (...). Wissenschaftlich auswertbare Datenmengen liegen allerdings derzeit noch nicht vor."


    Eine neuere (umfassende Auftrags-Studie des BfN (Durchführungszeitraum 1998 - 2001) konstatiert bei Vögeln eine DOA-Rate (Dead on Arrival) -Zählung bei der Ankunft im Zielland verendeten Exemplare - von 1,36 %. In konkreten Zahlen: Von 6.410.000 in das Zielland transportierten Exemplaren überlebten 68.870 den Transport nicht. In der gleichen Studie wird darauf verwiesen, dass die Zahl während der Quarantäne verendeter Tiere die DOA-Quote um ca. 80 % übersteigt.


    Die EU-Kommission des FVO (Food and Veterinary Office) konstatierte nach einem Kontrollbesuch am Hauptumschlagplatz für Lebendimporte in Deutschland, dem Frankfurter Flughafen, im November 1999, dass ein Mangel an tierärztlichem Personal besteht und sich gleichzeitig die zu kontrollierenden Sendungen seit dem letzten Kommissionsbesuch um 100 % erhöht hatten. Zitat: "Eine zufriedenstellende Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften kann auf Grund des Personalmangels nicht garantiert werden." Die Einrichtung zur Abfertigung lebender Tiere entsprachen laut Kontrollbericht nicht den Bestimmungen des Art. 6 und des Anhangs A der Richtlinie 91/496/EWG. Die Kommission in ihrem Kontrollbericht vom 15.11.1999: "Der allgemeine Hygienezustand in den kontrollierten Einrichtungen war mangelhaft, da die technische Ausrüstung unzureichend war, die Einrichtungen schlecht instand gehalten waren, einige der Einrichtungen anderweitig genutzt wurden und Einrichtungen fehlten. Dies trifft vor allem auf Frankfurt/Main zu." Weiter wird ausgeführt: "In Frankfurt/Main werden die Bestimmungen des Art. 9 der Richtlinie 91/496/EWG hinsichtlich Kontrolle lebender, zur Beförderung in ein Drittland bestimmter Tiere nicht erfüllt." (Alle vorstehenden Angaben: FVO, 1999). Die Feststellungen der Kommission wurden von der Bundesregierung als nicht zutreffend zurückgewiesen. Als Reaktion wurde der Personalbestand jedoch etwas erhöht.




    Foto: Heidrun Schrooten



    Weit über 90 % der importierten Wildentnahmen sind dem privaten Sektor (Heimtierhaltung) zuzurechnen. Hierzu Stahn: "Eine Hochkonjunktur für Exemplare der Appendizes II und III scheint 1995 eingesetzt zu haben. Dieser Trend setzt sich, wenn auch inzwischen abgemindert, bis ins Jahr 2002 fort. Der Boom lässt sich wohl am plausibelsten mit dem Aufkommen des Wunsches nach exotischen Haustieren erklären. So wurde auch bei der Grenzkontrolle des Zolls am Flughafen Frankfurt/Main ein vermehrter Import von Reptilien, Psittaciden und exotischen Zierfischen während der letzten Jahre verzeichnet."


    Im Oktober 2005 wurde - auf Grund der Vogelgrippe - durch die EU ein befristetes Wildvogel-Importverbot ausgesprochen. Am 22. Januar 2007 entschied die EU, die Einfuhr von Wildvögeln dauerhaft zu verbieten. Der befristete Stopp aller Wildvogelimporte endete mit Ablauf des Monats Juni 2007 und die neue Regelung trat am 1. Juli 2007 in Kraft. Allerdings dürfen weiterhin Nachzuchten aus so genannten "Papageienfabriken" in die EU eingeführt werden.


    Auf Grund ihres farbenprächtigen Gefieders, ihres (in Gefangenschaftshaltung oft überstrapazierten) Anpassungsvermögens und ihrer Fähigkeit, Geräusche und Stimmen nachzuahmen, sind Papageien weiterhin als "Heimtiere" gefragt. Der Handel mit deutschen und ausländischen Nachzuchten boomt und die Nachfrage nach einem zahmen, schmusigen Knuddelvogel aus einer Handaufzucht steigt stetig.




    Foto: Heidrun Schrooten


    Fast alle Papageienarten unterliegen einer Nachweis- und Meldepflicht. Zudem wurden vom deutschen Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Jahre 1995 Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien definiert, die allerdings nicht annähernd die Bedingungen einer anzustrebenden Optimalhaltung beschreiben.




    Foto: Heidrun Schrooten






    Literatur

    [align='left']Bucher, H. (2000): Comments on the management plan for the sustainable use of Amazona aestiva (blue-fronted amazon) in Argentina, submitted to the US FWS


    CITES (2001): History of species reviewed under Resolution Conf. 8.9., AC 17, Inf. 3, Part. 1:Aves, Species Survival Network, AC/17/F17i-03


    Collar, N. J. & A. T. Juniper (1992): in New World Parrots in Crisis: Solutions from Conservation Biology, eds. Beissinger, S. R. % Snyder, N. F. R. (Smithsonian Institution Press, Washington, D. C.), pp. 1 - 24


    Deutscher Bundestag (2000): Import von exotischen Wildtieren nach Deutschland - ökoligische Folgen und Vollzugsprobleme, Anwort auf Anfrage, Drucksache 14/2870, 08.03.2000


    Eisermann, K. (2003): Status and conservation of Yellow-headed Parrot Amazona oratrix "guatemalensis" on the Atlantic coast of Guatemala, Cambridge University Press


    FVO (1999): Kontrollbericht / Bezugsnummer: GD (SANCO) 1204/1999, vollständiger Bericht online: http://www.europa.eu.int/comm/…/vi/reports/index_en.html


    Hummel, M. E. (1997): Ökonomische Analyse des Papageienhandels am Beispiel Deutschland (2. Teil), veröffentlicht in: Papageienkunde, Jahrg. 2., Juni 1998, Arndt Verlag, Bretten, 43


    Inigo-Elias, E. E. & M. A. Ramos (1991): The psittacine trade in Mexico, in: J. G. Robenson and K. H. Redford, Neotropical wildlife use and conservation, The University of Chicago Press, Chicago


    Kratter, A. W. (1997): Status, Management and Prade of Parrots in the Co-operative Republic of Guyana, Report to the CITES Secretariat ad the Wildlife Service Division, Ministry of Agriculture, Guyana


    Lezama, M. et al. (2004): Informe de Inventario Nacional de Psitacidos, 2004, Para la Secretaria de la CITES, Nicaragua y Corredor Biologica del Atlantico, Nicaragua, Universidad Controamericana, Managua, Nicaragua


    Rutschmann-Fröhlich, C. (1994): Import von Wildvögeln in die BRD - Untersuchungen zur Mortalität auf dem internationalen Transport und in der Einfuhrquarantäne, Dipl.-Arbeit, Inst. F. Zoologie, TH Darmstadt


    Schütz, C. (2003): Transport Losses of CITES-Protected and non protected Animal Species, BFN-Skripte 90


    Stahn, A. S. (2004): Tierärztliche Grenzkontrollen an Deutschen Flughäfen zur Implementierung des Washingtoner Übereinkommens am Beispiel des Flughafen Frankfurt/Main in der Zeit von 1975 - 2002, Diss., Universität Berlin


    Steinmetz, M., M. Pütsch & T. Bisschopinck (1998) Transportmortalität während des Importes von wildgefangenen Vögeln und Reptilien nach Deutschland - Eine Untersuchung, Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.)


    Traffic (2004): Expanding Borders: NEW CHALLENGES FOR WILDLIFE TRADE CONTROLS IN THE EUROPEAN UNION, A TRAFFIC EUROPE REPORT, Brussels, Belgium


    Traffic (2006): Faune Aves, CoP 12 Prop. 16 (Costa Rica); CoP 12 Prop. 17 (Mexico); online: http://www.traffic.org


    Wiedenfeld, D. A., J. M. Molina, M. Lezamal L. (1999): Status, Management and Trade of Psittacines in Nicaragua, Report to the Oficina des CITES-Nicaragua, Ministerio del Ambiente y Recursos Naturales, Managua, Nicaragua, 15.10.1999, 116 pp.


    WA (2006): Exportquoten WA-gelisteter Arten, WA-Sekretariat, http://www.cites.org

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