Hi Ursula,
Dein Post ist gut und ich kann mit fast allem mitgehen. Inzwischen fühle ich mich ein wenig zwischen den Stühlen. Einerseits versuche ich es, meinen Vögeln so natürlich wie irgend geht einzurichten und wenn ich mich umwende, bin ich damit weitgehend allein. Und tatsächlich: Zum natürlichen Leben gehört die Vermehrung aber auch das Ableben. Je besser die Tiere gehalten werden, desto gesünder sind sie und desto länger leben sie. Dann muss ja irgendwann mal Platz gemacht werden, so wie in der Natur eben auch. Aufessen? Naja, aus unserer Sicht völlig undenkbar.
Ich lerne eine Menge Vogelhalter kennen, im Moment, die alle viel auf ihre Vogelkenntnisse setzen. Was treffe ich aber an, wenn ich sie besuche? Viele überfüllte Boxen ohne nennenswerte Gestaltung, ohne Reize, unter Kunstlicht, bei stickiger Luft ... Möchte ich meine Kinder an solch eine Haltung abgeben? Traurigen Blicks tue ich es trotzdem, weil es meinen Eltern gut gehen soll. So wird die Vogelhaltung zu einer echten Gewissensfrage. Ein Bekannter bei Bispingen hat aus demselben Grund seine Vogelhaltung ganz aufgegeben. Schade, mit ihm hätte ich mich austauschen können.
Andererseits, wenn nun bei mir eines der Elterntiere ablebt und ich suche eines aus der gleichen gesunden Haltung, dann kann ich wiederum lange suchen und muss doch auf das zurückgreifen, was verfügbar ist. Es wird massig in Boxen gezielt vermehrt, und wofür? Das ist mir immer noch ein Rätsel. Es gibt viel unkontrollierte Brut mit Inzucht und Hybridisierung. Was ist mit denen? Diese Tiere mit fragwürdiger "Qualität" bestimmen den Markt, wenn ich mal was möchte. Manche kommen aus einer AV-Haltung. Auch da muss man ziemlich kritisch hinkuckn. Oder es wird ein Reibach gemacht mit den Wildfängen, bei denen es viel zu viele Opfer gibt, was wir alle inzwischen entschieden ablehnen. Aber es gibt gewiss unter dem einen oder anderen Stein den Diamant, den es zu finden gilt. Wenn nicht, dann muss ich vielleicht auch mit dem Gedanken spielen, aufzugeben.
Wenn wir Avikultur wollen, dann muss sich ganz entschieden was an einem Naturverständnis und der Einstellung zum Tier ändern. Ansonsten bleibt alles beim Alten und nur die robustesten Arten bleiben und werden zu domestizierten Haustieren, wie der Welli oder der Zebrafink. Das Tier ist dabei das Leidtragende.
Zurück zum Thema Vermehrung: Mit allen Fürs und Widers bin ich doch der Ansicht, dass es den Vögeln gestattet werden sollte, gelegentlich nachzuziehen. Ich hoffe, dass sich im Zuge der AG Wildformen genügend Leute finden, die einen Austausch unter gesunden Verhältnissen wünschen. Das nur, um die Arten, die ich halten kann, zumindest in ihrer natürlichen Erscheinung und deren Verhalten als Volierenvögel zu erhalten, ansonsten macht das ganze für mich keinen Sinn mehr. Dann Ist Vogelhaltung für mich nicht mehr vertretbar. Dafür werde auch ich noch ein paar Kleinigkeiten ändern müssen.
Grüße, Alex