Super Ansatz, an das Thema heranzugehen, Jens !
Es sind hier auch durchgehend gute Beiträge geschrieben worden.
Danke auch an Marcus für seine tollen Denkanstöße.
Ich hatte in den VF seinerzeit ja auch häufig versucht, mit sachlichen Argumenten den Aviator zu "zerlegen".
Da hilft die Analyse von Videos immens :
1) Durchgehend kann man beobachten, dass selbst der zahmste und vertrauensvollste Vogel Unbehagen beim Anlegen des Fluggeschirrs zeigt.
Die Papageien versuchen immer wieder, die Leinen vom Körper zu bekommen. Das wird dann mit Schimpfen des Halters quittiert. Welch unsägliche Botschaft an das Tier !
2) Die vielen Nachteile des Aviators werden in Videos natürlich nicht deutlich, wenn man den Papagei nur eine kurze Strecke zum nächsten Menschen fliegen lässt. Das ist reine Augenwischerei ! Denn der Vogel hat ein Nahziel vor Augen und versucht erst gar nicht an Höhe zu gewinnen.
Und verfehlt er sein Ziel, dann geht er eben unsanft zu Boden (in einigen Videos zu sehen).
3) Dass der Aviator das "Rasiermesser in der Hand des Affen" ist, zeigt sich in den Videos, wo der Papagei Kreise um den Besitzer fliegen soll. Da habe ich noch keinen einzigen sauberen Zirkel gesehen !
Das würde nur funktionieren, wenn der Vogel FREIWILLIG einen engen Kreis fliegt und nicht den Zugkräften der Leine ausgesetzt wäre.
Tatsächlich sieht die Flugbahn aber folgendermaßen aus :
a) Ara fliegt los und steigt auf, bis das Ende der Leine erreicht ist.
b) Dann wird er unsanft auf die Seite gezogen an der die Leine seitlich versetzt ist (links oder rechts, je nachdem).
c) Ara verliert sofort an Höhe und geht in trudelnden Flug über.
d) Ara hat seinen Flug stabilisiert und fliegt weiter, bis wieder das Ende der Leine erreicht ist und ihn zum Richtungswechsel zwingt.
e) Ara landet nun entweder auf dem Boden oder fliegt seinen Besitzer in der Mitte an.
f) Ara hat das Vertrauen in seine Flugkünste verloren.
Wichtig : Die Leine ist am Vogel NICHT mittig angebracht, sondern seitlich. Bei rechts seitlicher Anbringung kann das Tier keinen Zirkel "auf der linken Hand" fliegen, denn die Zugkräfte würden ihn zu einer Seitwärtsrolle zwingen. Das könnte man an einem Stoffpapagei leicht demonstrieren.
Vergleichbar mit dem Longieren eines Pferdes :
Man stelle sich einen Linksgalopp auf dem Zirkel vor, wo die Longe in den rechten Trensenring gehängt würde. Das Pferd käme total aus dem Gleichgewicht und hätte binnen kürzester Zeit Hals- und Nackenprobleme.
@Jens : Könntest Du das mit Deinem Testara (der ja ein super Flieger ist) mal demonstrieren ?
Aber bitte nur einmal - dem Tier zuliebe !
4) Den Schaden an der Psyche habt ihr ja schon angesprochen.
Da möchte ich das von Marcus eingestellte Video von Stinkie kommentieren :
Stinkie scheint ein durchaus selbstbewusster Grünzügelpapagei zu sein, der ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinem Besitzer hat.
Das Auspacken des Aviators stört ihn nicht im Geringsten.
Das Anlegen des Geschirrs hat der Besitzer uns vorenthalten (wäre aber aufschlussreich gewesen).
Nun hat Stinkie das Teil um und versucht sofort, es los zu werden. Der kleine Kerl ist ganz flach geworden, ein Zeichen von Verunsicherung.
1:21 - Nun isser draußen in Mutter Natur. Neugierig, aber etwas ängstlich beäugt er die fremde Umgebung.
1:35 - Stinkie fliegt los und landet unsanft auf dem Boden. AHA, das also hat der Flug in Mutter Natur ihm zu bieten...
Er watschelt auf dem Boden entlang. Seine Flügel sind deutlich “derangiert”. Aber Stinkie traut sich noch nicht mal, seine Flügel wieder zu ordnen.
2:20 - Stinkie ordnet seinen rechten Flügel. Der arme Kerl ist flach wie eine Flunder. Nur langsam taut er etwas auf und orientiert sich Richtung Besitzer.
2:58 - Stinkie “darf” seinen zweiten Flug “genießen”. Der Besitzer hilft beim Abflug nach. Stinkie wird einfach ins Blaue geschickt und landet natürlich wieder am Boden.
3:30 Der dritte Flug. Hier sieht man besonders deutlich, wie Stinkie vom Ende der Leine brutal zurückgerissen wird.
3:53 Nach drei frustrienden Bruchlandungen “darf” Stinkie sich nun in einem Baum ausruhen.
Den Ast hat der Besitzer für ihn ausgesucht.
4:00 - Stinkie möchte die lästigen Strippen los werden. “Don´t do that” vom Besitzer.
Stinkies Köpersprache zeigt Unbehagen, Erschöpfung und Nervosität (Flügelzucken).
4:51 - Diesen Blick zum Besitzer finde ich besonders herzzerreißend !
Ich möchte da nichts vermenschlichend hinein interpretieren. Aber ganz sicher sagt dieser Blick NICHT : “Boah, mit diesem Aviator kann ein kleiner Papagei gaaaanz tolle Flugerlebnisse in der freien Natur haben !”
Ich stelle mir vor, dass Stinkie diese Art des Aviator-Fluges noch öfter praktizieren muss.
Welche Auswirkungen wird das auf das vertrauenvolle Verhältnis zu seinem Besitzer haben ?
Und welche Auswirkungen wird es auf die Psyche des munteren kleinen Stinkie haben ?